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solvirend ausgefallen seyn. Dadurch schützt sich der absolvirte Beklagte gegen jede spätere Erneuerung der Klage Seitens des. Klägers, ebenso aber auch der siegende Kläger, wenn er später wegen desselben Rechtsstreits von dem früheren Beklagten, welcher unterlegen war, in Anspruch genommen werden sollte.1 Ausser der Wirkung der Klagconsumption ist schon oben der Nothwendigkeit gedacht, das Urtheil nun auch zu verwirkli-. chen. Der Kläger erhielt dadurch Anspruch auf Execution (Cap. 19.). Sollte der sich weigernde Condemnirte die res iudicata läugnen, so stellte der Kläger die iudicati actio 2 an, Klage auf Erfüllung des Urtheils, und der Beklagte musste zur Zeit der legis actiones durch einen vindex sich vertreten lassen, später aber satisdatio leisten iudicatum solvi, Gai. IV, 25. 102., widrigenfalls ohne weiteres Execution eintrat (als eines indefensus, Gai. III, 78 f.). Die Strafe des Doppelten s. Cap. 17.

blos die Novation als etwas Analoges (Dig. XLVI, 2, 1. 11 pr. Gai. III, 179.), aber mit einer wahren Novation verträgt sich nicht die Fortdauer der alten Obligation als oblig. naturalis Im Justin. Recht ist nach der gewöhnlichen Ansicht (v. Savigny, Syst. VI, p. 25 f.) das Consumptionsprincip verschwunden, aber nach Bekker, p. 11 f. hat es sich erhalten. Wetzell, p. 81.

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Diese beiden Anwendungen trennen die Gelehrten gewöhnlich seit Keller, Litiscontest. s. ob. u. Proz. p. 304 ff. v. Savigny, VI, p. 265 ff. als negative und positive Funktion des exc. rei iud. Die erstere bestehe in der Verhinderung der Wiederholung derselben Klage (im Interesse des Beklagten), die zweite bestche darin, dass sie als Rechtsmittel zur Geltend machung des positiven Resultats eines früheren Rechtsstreits" diene. Vermöge der Fiktion der Wahrheit des Urtheils sey der iudex durch die exc. genöthigt worden, bei einem späteren Urtheil die frühere Entscheidung zu Grund zu legen, damit nicht das spätere Urtheil dem früheren widerspräche. Gegen diese Theorie streitet Bekker, p. 13 ff. und Dernburg, p. 347 ff. In den römischen Quellen ist allerdings keine Stelle zu finden, aus welcher das Vorhandenseyn einer doppelten Funktion nothwendig geschlossen werden müsse. Die Form der exc. ist stets dieselbe und deutet nichts weiter an, als dass Consumption eintritt, wenn über dasselbe Objekt unter denselben Personen geurtheilt ist, s. Dernburg a. a. O. Dig. XLIV, 2, 1. 7. §. 4. u. 1. 3. §. 14. 27.

2 Diese indicati actio ist bei iudicia legitima in personam mit intentio civilis ohne beschränkende Zeitbestimmung; dagegen bei iudicia imperio contin. und iud. legitima in factum dauert sie nicht länger als des Magistrats imperium, und nach Ablauf desselben gab das Urtheil keine actio mehr, sondern nur noch exc. rei iud..

Einen solchen Fall erzählt Cic. p. Flacc. 20 f. Der Provinziale

Siebenzehntes Capitel.

Mittel zur Sicherstellung der Parteien. '

Zur Sicherung der Parteien gegen böswillige und leichtsinnig prozessirende Gegner waren seit alter Zeit mehre Mittel gegeben (entweder poenae temere litigantium oder Cautionen u. s. w.), welche theils bei allen Prozessen, theils nur bei gewissen Sachen zulässig waren. Unter denselben hatten die Parteien die Wahl, so dass in der Regel nur ein Sicherungsmittel angewandt werden konnte, z. B. Gai. IV, 172. 179. Inst. IV, 16, 1.

A. Zur Sicherheit des Klägers gegen den Beklagten existirte: 1) die alte Regel: lis infitiando crescit in duplum. 2 Diese Strafe

Heraklides hatte unter Verbürgung des Hermippus Geld geliehen. Dieser muss zahlen und erhebt eine Regressklage gegen Heraclides, welcher von Recuperatoren condemnirt, addicirt und darauf (nachdem er, um sich zu befreien, an den siegenden Kläger Hermippus einige Sklaven verkauft hatte) wieder in Freiheit gesetzt worden war. Herakl. kömmt nun zu dem nächsten Statthalter und beschwert sich über die frühere Sentenz: recuperatores vi Flacci coaclos et metu, falsum invitos iudicavisse. Cic. dekretirt darauf, ut si iudicatum negaret, in duplum iret (wenn er das Urtheil ganz abläugne, solle er sich der Gefahr doppelter Leistung unterwerfen und ein anderes iudicium solle entscheiden); si metu coaclos diceret, haberet eosdem recuperatores (oder er solle sich einem neuen iudicium derselben Recup. unterwerfen, die jetzt ungehindert wären und den Prozess gleichsam fortsetzten). Herakl. thut keins von beiden, sondern klagt, indem er das alte Urtheil gänzlich ignorirt, gegen Hermippus auf die erwähnten Sklaven; doch der Legat Gratidius nimmt die Klage nicht an und re iudicata stari ostendit placere, d. h. die Sklaven seyen zur Erfüllung des Urtheils verkauft worden und diese Sache könne nicht angefochten werden. Darauf geht Herakl. nach Rom und klagt von dem Senator Plotius die Sklaven ein, welche er an den Hermippus, dieser an Plotius verkauft hatte. Es kömmt zum iudicium, aber cum (iudex) secundum Plotium se dicturum ostenderet, ab eo iudice abiit, et quod iudicium lege non erat (d. i. nicht legitimum war), causam totam reliquit. Herakl. lässt also die Sache ganz fallen, ohne das Urtheil abzuwarten, weshalb Cic. ihn tadelt und wegen seiner Inconsequenz und Unrechtlichkeit als Zeugen verdächtigt. Mayer, Litiscont. p 4-8. Rudorff, in Z. f. R. W. XIV, p. 315 ff. Bekker, Cons. p. 112 ff. Cic. Verr. II, 44. vgl. II, 27.

1 Z. p. 539-545. Keller, p. 240-252. Wetzell, Civilpr. p. 189–208. 2 Infitiari (Gegensatz von fateri) s. p. 646. 707. Sell, in Jahrbüch. II, p. 1-64. 75-251. Huschke, Nexum, p. 175-212. und in Z. f. R. W.

traf vor Alters jeden, der die durch Mancipation eingegangene Verpflichtung abläugnete, s. 237. 706 f. Dazu kamen noch die actio iudicati (p. 927.), damni iniuria (p. 746.), depensi (p. 672.) und bei Damnationslegaten (p. 805.), Gai. IV, 9. 171. Paull. I, 19, 1. 2 Andere Anwendungen sind zweifelhafter Art, s. p. 646. 2) Den überführten Beklagten traf infamia bei mehren Contrakts- und Deliktsklagen, s. p. 140 f.

B. Zum Besten des Beklagten gegen den Kläger gab es auch einige Mittel, um sich vor ungerechten Klagen zu schützen. Die allgemeinste bei allen Klagen zulässige Hülfe war 1) das iudicium calumniae. Mit dieser Klage erhielt der Beklagte, wenn er den Beweis lieferte, dass die Klage chikanös angestellt sey, den zehnten oder auch den vierten Theil (nemlich bei Interdikten) des Streitobjekts, Gai. IV, 174 ff. Inst. IV, 16, 1. 2) Härter und nur in wenigen Sachen zulässig war contrarium iudicium, in welchem der abgewiesene Kläger zur Zahlung decimae partis (bei Injurien) und quintae (in einigen Besitzklagen) verurtheilt wurde, Gai. IV, 177 ff. 3) Der Kläger, welcher in der intentio auf eine höhere Summe klagt (natürlich nur bei formula certa), als

XIII, p. 256-284. Rudorff, XIV, p. 287–478. Das Princip der Litiscrescenz stützt Huschke auf das Judicat und die Mancipation (gleichsam eine öffentliche Schuld). S. dagegen Rudorff, p. 463 ff. Dieser bringt die L. C. mit dem altrom. Prozess in Verbindung. Ein gefälltes Urtheil sey unumstösslich und nur Nichtigkeitsklage sey gestattet gewesen, aber als nothwendige Strafe sey für den Fall der zweiten Verurtheilung die Leistung des Doppelten verhängt. Dieses Urtheilsrecht sey dann auf andere Klagen künstlich übertragen worden. Bei der trefflichen Entwickelung Rudorffs ist nur zu bemerken, dass die L. C. für die Mancipation wenigstens ebenso alt scheint, als für das Judicat und dass sich zu der alten prozessualischen Entstehung noch eine auf Privatvertrag beruhende gesellt, die einander coordinirt gewesen seyn mögen. Ihering, Geist I, p. 150. bringt die L. C. mit der manus iniectio in Verbindung.

1 Calumnia von calvo und calvor (decipere, frustrare) Charis. I, p. 43. Prisc. X, p. 883. Isid. V, 26. X, p. 1071 Goth. Dig. L, 16, 1. 233. bezeichnet im w. S. jede Chikane (calliditas, Non. Marc. IV, 74.), wie Rechtsverdrehung, falsche Auslegung u. s. w. Cic. p. Mil. 27. p. Quinct. 21. p. Caec. 21. 23.; aber im e. S. ungerechte Anklage und Klage, Non., Isid, a. a. O. Paull. I, 5, 1. Gai. IV, 178. vexandi adversarii gratia. Die calumnia des Criminalrechts s. Rein, Crim.-R. p. 807 ff.

Rein's röm. Privatrecht.

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sich bei der Untersuchung ausweist, wird gänzlich abgewiesen, qui plus petit causa cadit. 1

C. Mittel zur gegenseitigen Sicherheit. 1) Das alte sacramentum, s. p. 886. 2) Sponsio poenalis mit restipulatio, s. p. 913. Dahin gehört auch das compromissum, p. 868. 3) Calumniae iusiurandum. Jede der beiden Parteien konnte verlangen, dass der Gegner einen Eid ablege, ob er seine Sache für gerecht halte, Gai. IV, 172. 176 179. Lex Rubr. 20. Paull. II, 1. Cod. II, 59. Inst. IV, 16, 1. Endlich 4) ist die satisdatio sehr wichtig, d. h. das mit Sicherheit (satisdatio) gegebene Versprechen, dass der Ausspruch des Richters anerkannt und ausgeführt werden solle, iudicatum solvi, 2 Gai. IV, 88-102. Inst. IV, 11. Sie kam vor I. in den Prozessen, wo ein Stellvertreter auftrat. 1) Von Seiten des Klägers musste der procurator allemal satisdatiren ratam rem etc. (s. p. 880.), der Cognitor nicht, bis allmälig Gleichstellung erfolgte, Gai. IV, 97. 99. Còd. II, 13, l. 1. Inst. IV, 11 pr. 2) Von Seiten des Beklagten satisdiren sowohl procurator als cognitor, iudicatum solvi, nemlich für letzteren dessen Auftraggeber (dominus), der erstere aber für sich selbst, Gai. IV, 101. Vat. fr. 317. Cic. Verr. II, 24. II. Wenn kein Stellvertreter auftrat, machte sich satisdatio iudicatum solvi von Seiten des Beklagten (nicht des Klägers, Gai. IV, 96. 100.) zuweilen nöthig; bei persönlichen Klagen sowohl wegen der Beschaffenheit der Klage (z. B. iudicati, depensi, Gai. IV, 25.), als wegen der Person, die

1 Cic. de or. I, 36. p. Rosc. C. 4. Suet. Claud. 14. Plaut. Most. III, 1, 121 ff. Gai. IV, 53-60. Paull. I, 10. Die plus petitio kann statt finden re (in der Quantität oder Qualität des Objects), tempore (vor Eintritt des Termins), loco (wenn an einem anderen Orte geklagt wird, als wo der Beklagte zu leisten obligirt war), causa (wenn der Beklagte der Obligation zufolge zwischen zwei Leistungen die Wahl hat, die Klage aber nur auf die eine Leistung geht und so die Freiheit der Wahl dem Angeklagten entzieht). Wer in einer von diesen Hinsichten zu viel fordert, verliert den Prozess gänzlich. Keller, Litiscont. p. 497-509. S. Cap. 8.

2 Cic. p. Quinct. 13. ut res iudicio facto parata sit, iudicatum solvi satis accipiat. Dig. II, 8. XLVI, 6 f. Paull. I, 11. Inst. IV, 11. Dig. XLVI, 7. Dagegen v. Savigny, Syst. V, p. 27. 51 ff. Wetzell, Vindikationsproz. Römer, Erlöschen, p. 35-45. J. Th. Schirmer, die prätor. Judicialstip. Greifsw. 1853.

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der Insolvenz verdächtig seyn konnte, bei dinglichen Klagen

1 Gai. IV, 102. si cum eo agitur qui decoxerit (d. h. eigentlich einkochen, dann vermindern, durchbringen und bankrutt werden) cuiusve bona (a) creditoribus possessa proscriptave sunt etc. Dig. XLII, 5, 1. 33. §. 1. Aus diesem Grunde forderte Nävius von Quinctius (Cic. p. Quinct. 8. 13 f.) Satisdation iudicatum solvi und hatte sie früher von dessen Procurator Alfenus verlangt, 7. 20. Doch so wie sich dieser geweigert hatte, Caution zu leisten, ebenso wollte Quinctius auch nicht darauf eingehen. Bei Quinctius ist die Ursache dieser Weigerung klar, indem er durch die Satisdation anerkanut haben würde, dass seine Güter von Nävius wirklich besessen worden wären (p. Qu. 8. 14.), so dass er das vom Prätor vorgeschlagene Sponsionsverfahren vorzog. Wie aber der Procurator Alfenus Caution abschlagen konnte, ist nicht klar, da jeder Proc. des Beklagten satisdiren musste, Gai. IV, 101. Darum sagen die Meisten, Alf. habe sich der Satisdatio nicht entziehen dürfen (Z., p. 482. BH., p. 235. Keller, Sem. I, p.115–138. Frey u. A.).、 Andere schlugen den unrichtigen Ausweg ein, dass Alf. deshalb nicht zu satisdatiren gebraucht habe, weil er es im Namen des Qu. hätte thun sollen (Hotmann, Klotz, s. dagegen Keller). Wenn sich aber der Grundsatz der satisdatio auf alle und jede Proc. bezog, so würde Cic. indem er es in Abrede stellte durch so vollkommene Rechtsverdrehung seiner Sache mehr geschadet als genützt haben. Es mag Alf. Unrecht gethan haben, die Satisdation zu verweigern, aber Cic. muss, indem er dieses vertheidigt, wenigstens einen Schein des Rechts für sich gehabt haben und es kann vor Alters wenn auch nur herkömmlich eine Art von Prok. gegeben haben, die als Generalbevollmächtigte des Abwesenden denselben vollkommen vertraten und wie ein cognitor dem dominus gleich nicht für jeden einzelnen Fall besonders zu caviren brauchten (Cic. p. Caec. 20. s. p. 880.), namentlich wenn sie begütert waren, sondern nur dann, wenn es der Herr auch hätte thun müssen. Darum sagt Cic. negat Alfenus aequum esse procuratorem satis dare, quod reus non deberet, si ipse adesset. Also weigerte sich A. aus demselben Grund, aus dem sich 18 Monat später der dominus Quinctius weigert. Ja dieser zieht das Sponsionsverfahren vor, welches ihn zwang als Kläger aufzutreten (um die sponsio einzuklagen: si bona mea ex edicto possessa non sunt), worüber Cic. nicht wenig klagt und den Prätor, welcher dem Quinctius nur zwischen satisdatio und sponsio die Wahl gelassen habe, arg mitnimmt. Dessen ungeachtet hatte der Prätor vollkommen Recht, denn da Nävius doch einmal die Possessio der Güter des Quinctius ediktsmässig erhalten hatte, so musste der Prät, ihn auch darin schützen und stellte dem Quinct. die Wahl frei, entweder zu beweisen, dass Nävius die Güter nie besessen hätte, so dass er, sobald er dieses bewiesen, satisdatio nicht zu leisten brauchte; oder 2) die poss. als geschehen anzuerkennen, aber den Quinctius davon abstehen zu machen, und dieses war nur durch satisdatio iudicatum solvi möglich. Auf gewöhnliche Weise (wie Cic. zu wünschen scheint p. Qu. 22.) konnte der Pro

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