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scheinen, die improba pro herede usucapio den besser Berechtigten gegenüber zu gestatten und so ist es nicht zu verwundern, dass ein Scons. unter Hadrian bestimmte, die Usucapion schütze nicht gegen die hereditatis petitio. Der bonorum possessor hatte das Interdikt quorum bonorum, s. Dig. XLII, 3, 1. 1 pr. Cod. VII, 29, 1. 1. und nach Marc. Aurelius konnte der Erbe gegen den unberechtigten Usucapient, sogar eine Criminalanklage expilatae hereditatis erheben, wenn er nicht die civile Klage vorzog, Dig. XLVII, 19, 1. 3. So musste die lucrativa pro herede usucapio noch seltner werden und im Justinianischen Rechtssystem verschwindet sie ganz. Es giebt noch eine pro herede usucapio, aber nur dessen, der Erbe ist oder Erbe zu seyn glaubt.

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Der Erbe kann die ihm deferirte aber noch nicht angetretene Erbschaft an einen Anderen nicht übertragen (transmittere), sondern erst nach geschehener Antretung, Cod. VI, 30, 1. 7. VI, 51, 1. 1. §. 5. Ausnahmsweise geht aber die Delation an einen Anderen über, welcher nun statt des Erben eintritt. Dieses geschieht: 1) in einigen Fällen durch Beerbung. 3 2) Durch in iure cessio des deferirten Rechts, welche nur der Intestaterbe vornehmen konnte.

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1 Gai. II, 57. Huschke, p. 214-222.

Arndt, a. a. O. Huschke, p. 222-229.

Wenn nemlich der Erbe durch das Scons. Silanianum gehindert war, die Erbschaft anzutreten, so transmittirte er sein Recht auf seine Erben, Dig. XXIX, 5, 1. 3. §. 39. 1.4. Eine andere Ausnahme s. Cod. VI, 52, 1. 1. und Justinian bestimmte endlich, dass, wenn die Erben vor Ablauf der Deliberationsfrist oder binnen einem Jahr nach erfahrener Delation stürben, die Erben derselben an deren Platz träten, Cod. VI, 30, 1. 19. VI, 51, l. 1. §. 5. Marezoll, in Zeitschr. f. Civilr. und Proz. II, p. 54-96.

Etwas ganz anderes ist es, wenn der Erbe (er sey Testamentoder Intestaterbe) nach Antretung der Erbschaft diese verkauft (Dig. h. t. XVIII, 4.) oder sonst veräussert (durch in iure cessio). In diesem Falle blieb der Cedirende immer heres, Ulp. XIX, 11-15. Gai. III, 34. 36.85, 86. Ob ein heres necessarius die Erbschaft in iure cedere könne, war bestritten, Gai. II, 37. III, 87. Huschke, Studien I, p. 230–242.

Dritter Theil.

Achtes Capitel.

Rechte aus erworbener Verlassenschaft.

Durch den Erwerb der Erbschaft tritt der Erbe an die Stelle des Erblassers und repräsentirt denselben in vermögensrechtlicher Beziehung auf das Vollständigste. Er übernimmt dessen Forderungen und Verpflichtungen, so wie vor Alters die sacra u. s. w., gerade als wenn er mit demselben eine Person wäre. Doch war dafür gesorgt, dass der Antritt der Erbschaft den Erben nicht etwa zum Nachtheil gereichte: 1) durch gütliche Uebereinkunft mit den Erbschaftsgläubigern. 2 2) Durch die Deliberationsfrist, die sich der Erbe ausbitten kann. 3 3) Durch das von Justinian eingeführte beneficium inventarii. 4

Wenn mehre Erben ernannt sind, vertrat Jeder die Person des Erblassers nach seinem Antheil (z. B. hinsichtlich der Schulden und Vermächtnisse) sowie er nach dem ihm bestimmten Antheil an dem Nachlass participirt. Die nomina sind von selbst vertheilt, Paull. Dig. X, 2, 1. 25. §. 13. licet haec obligatio dividatur per legem XII tabularum, Gordian Cod. III, 36, 1. 6. An den übrigen Erbschaftssachen entsteht eine communio, deren Auf

1 Cic. de leg. II, 19. heredum causa iustissima est (die Verpflichtung der Erben zu den sacra ist die gerechteste); nulla est enim persona, quae ad vicem eius qui e vita emigravit propius accedat. Pompon. Dig. XXIX, 2, 1. 37. heres in omne ius mortui, non tantum singularum rerum dominium succedit, Dig. L, 17, 1. 59. l. 128. §. 1. Wegen der Einheit der Person muss der Erbe sogar mit seinem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers und die gemachten Vermächtnisse (Inst. III, 27, 5.) haften, Dig. XXIX, 2, 1. 8 pr.

" Diese konnten den Erben beauftragen (mandare) anzutreten und hatten dann für den Schaden einzustehen, oder sie liessen einen Theil ihrer Forderung fallen, Dig. XVII, 1, 1. 32.

Nach Justinian gab der Kaiser 1 Jahr, die Richter 9 Monate Frist, Cod. VI, 30, 1. 22. §. 13. Während der Frist machte sich der Erbe mit dem Nachlass bekannt, musste aber zur Sicherheit der Gläubiger ein Inventarium aufstellen, Cod. VI, 30, 1. 22. §. 14.

4 Der Erbe braucht nemlich, wenn er binnen 30 Tagen ein Inventar zu errichten beginnt, über die Masse hinaus nicht zu haften, Cod. VI, 30, 1. 22. §. 2. 4. Inst. II, 19, 6.

Rein's rom. Privatrecht.

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hebung durch eine Klage zu erzwingen ist, s. unten. Zur Gemeinschaft gehören auch mehre von den Miterben zu conferirende Vermögensstücke, die sie abliefern oder sich bei der Erbschaftsberechung anrechnen lassen müssen, nemlich das Vermögen der emancipirten Kinder, 2 die dos der Töchter zufolge des Edikts, Dig. XXXVII, 7. Cod. VI, 20. und die Peculia. 3

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Schliesslich ist das Accrescenzrecht der Miterben zu erwähnen. Wenn einer von mehren Erben seinen Antheil nicht antreten konnte oder wollte, so theilten sich, vorausgesetzt dass kein substitutus an dessen Stelle ernannt ist, die anderen Miterben in diesen Theil, welcher seit lex Julia und Papia Poppaea caducum hiess, Ulp. XVII, 1. caducum appellatur, veluti cecidit ab eo. Denn da die erbschaftliche Succession untheilbarer Natur ist und das Recht der Erben auf das Ganze geht, so muss durch das Wegfal

1 E. Fein, das Recht der Collation. Heidelberg 1842.

Wenn diese gleich den sui den Vater mitbeerbten, so mussten sie nach dem prätorischen Edikt das von dem Vater bei der Emancipation wie das oft der Fall war erhaltene Vermögen, sowie ihren späteren bis zum Tode des Hausvaters gemachten Erwerb mittheilen. Sie wurden als sui fingirt und in dieser Eigenschaft zur Erbschaft berufen. Natürlich wurden sie aber auch so behandelt und da sie, wenn sie sui heredes gewesen wären, ihren Erwerb zur Erbschaftsmasse hätten liefern müssen (als Eigenthum des Erblassers), so geschah dasselbe vermöge der Fiktion. Sie genossen die günstigen Folgen der Fiktion und mussten sich daher auch die nachtheiligen Folgen derselben gefallen lassen. Paull. V, 9, 4. Dig. XXXVII, 6. Cod. VI, 20. Collat. XVI, 7. Cod. Theod. IV, 2, 1. Nov. XVIII, 6. XCVII, 6.

Vat. fragm. 294. nam et peculia non praelegata communia fratrum esse constabat. Justinian traf noch einige weiter gehende Bestimmungen, Cod. VI, 20, 1. 19-21. Nov. XVIII.

So z. B. fiel die ganze Erbschaft des Aemilius Paulus an den einen Sohn, weil der andere Sohn verzichtete, Plut. Aem. Paul. 39. Paull. IV, 28, 6. Zimmern, in Neustetel u. Zimmerns Unters. I, p. 89 101. Gans, Scholien Erbrecht, p. 372-377. (Caducität), p. 423 — 435. (über Accrescenz). Holtius, obs. sur le droit d'accroissement entre legataires, in Themis IX, 1828. Rudorff, in d. Zeitschr. f. gesch. R. W. VI, p. 397–428. Francke, Beiträge zur Erläut. Götting. 1828, p. 112 ff. Baumeister, das Anwachsungsrecht der Miterben. 1829. M. S. Mayer, d. Recht der Anwachsung. Tübingen 1835. K. A. Schneider, das altcivile u. Justinian. Anwachsungsrecht bei Legaten. Berlin 1837., mit der Recension von Huschke, in krit. Jahrbüchern. Leipz. 1838, p. 307-332. Danz, R. G. II, p. 71-80. H. A. Schwanert, enum. per univ. succ. Gott. 1846, p. 20 ff.

len des Einen das Recht der Uebrigen einen Zuwachs empfangen. Lex Julia et Papia Poppaea hob dieses Anwachsungsrecht auf, mit Ausnahme der Ascendenten und Descendenten bis in den dritten Grad, Ulp. XVII, 2. servato iure antiquo liberis et parentibus. XVIII.

In deren Ermangelung trat statt der Accrescenz die vindicatio cuduci ein, d. h. die caduc gewordene Zuwendung fiel zunächst an die in der erwähnten lex (darum auch lex Julia caducaria gen. Ulp. XXVIII, 7.) für würdig erklärten Personen, welche in dem Testament als Erben oder Legataren bedacht waren. Diese würdigen Personen sind die Väter d. h. die welche leibliche Kinder haben, s. p. 464 und Gai. II, 206. 207. III, 144. Mit dem Erwerb des caducum ist auch Uebernahme der darauf lastenden Verpflichtungen verbunden, Ulp. XVII, 8. caduca cum suo onere fiunt, XVIII. Cod. VI, 51, l. 1 pr. fr. de i. fisci 3. 2) Waren patres nicht unter den im Testament bedachten Personen, so trat das Aerarium populi ein und vindicirte die caduca, Gai. II, 286. Tac. Ann. III, 28 sq. p. 464.

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Caracalla übertrug diese Einnahmen an den kaiserlichen Fiskus. Fr. de i. fisci 3. 1 Constantius verlieh den coelibes und orbi die volle Capacität, Cod. VIII, 16, l. 1. Doch waren die Ehegatten davon ausgenommen, was Honorius und Theodosius aufhoben, s. p.467. Justinian führte im Wesentlichen das alte Recht der Accrescenz wieder ein. Cod. VI, 51, l. 1. Bei den Legaten

1 Ulp. XVII, 2. hodie ex constitutione imp. Antonini omnia caduca fisco vindicantur. Walter, R. G. II, p. 300. u. A. erklären Ulp. so, dass Caracalla das ius patrum aufgehoben habe, welches aber durch Macrinus wieder hergestellt worden sey. Letzteres ergiebt sich aber aus Dio Cass. LXXVIII, 12. nicht, da sich diese Notiz nur auf die vicesima hereditatum bezog. S. dagegen Schneider, Anwachsungsrecht, p. 189 ff. Huschke, Rec. p. 321. und Danz, p. 78 f. Vgl. auch Puchta, p. 312 f. (320 f.). Ueberhaupt gingen manche Revenuen von dem Aerar an den Fiskus über, wie auch de i. fisci 9. gesagt ist: quae (poena) hodie fisco vindicatur. Auch mögen diese Einnahmen in einzelnen Theilen des Reichs (wie in den kaiserlichen Provinzen) schon vor Caracalla in den Fiskus geflossen seyn, nicht in das Aerarium, da Dig. V, 3, 1. 20. §. 6 f. den Fiskus (und nicht das Aerar) schon vor Caracalla nennt. S. darüber und im Allgemeinen Pauly, Real-Encykl. VI, p. 2413 ff. Rudorff, a. a. O. Ueber die Delatoren und deren praemia s. Tac. Ann. III, 28. IV, 20. Suet. Ner. 10. Dig. XLIX, 14, 1. 13 pr. fr. de i. fisci 1-3. Einen procurator hered. caduc. nennt Orell. 3647.

fand das Accrescenzrecht nach altem Recht weit beschränkter statt. 1

Die dem Erben zustehenden Rechtsmittel.

1) In der ältesten Zeit wurde die Erbschaft wie eine Sache betrachtet und der klagende Erbe verfuhr ganz wie in dem gewöhnlichen Vindikationsprozess. Gai. IV, 17. s. Buch 6. 2) Da aber der Erbe nicht blos Eigenthum an Sachen erhielt, sondern auch andere Rechte und Verpflichtungen, so machte sich eine freiere Klagform nöthig, die hereditatis petitio.2 Diese dingliche Klage konnte gegen jeden Besitzer der ganzen Erbschaft oder einer zu derselben gehörigen Sache erhoben werden und war zuerst nur dem Civilerben, später auch dem prätorischen Erben gestattet, s. Cap. 10. In Rom entschied das Centumviralgericht (Cod. VI, 31, 1. 12. pr. Cic. de or. I, 38. 39. 57. de 1. agr. II, 17.), später auch der Einzelrichter. *

Sobald mehr Erben sind, klagt jeder auf seine eigne Hand

1 Ulp. XXIV, 12. 13. Gai. II, 205-208. Aber Justinian gestattete Accrescenz bei allen Legaten, Inst. II, 20, 8. Cod. VI, 51, 1. 1. §. 11. Rosshirt, I, p. 589-627. Schneider, Anwachs. und Huschke, Recens. p. 307 ff.

Cod. III, 31. Cod. Theod. II, 22. Paull. I, 13 B. Nach der jetzt gewöhnlichen Ansicht wird durch hereditatis petitio ein Erbrecht vindicirt (so Arndts, Beiträge VI., Leist, bon. poss. I, p. 33 ff., Göschen, Vorles. III, 2, p. 407., Puchta, III, p. 261. (267.) u. A.), dagegen nach älterer Meinung ist diese Klage nur eine Vindikation des Erbschaftsnachlasses. H. Dernburg, Verh. d. hered. pet zu den erbschaftl. Singularklagen. Heidelb. 1852, p. 13 f.

• Vorausgesetzt, dass er entweder pro herede, d. h. in der Meinung Erbe zu seyn, oder pro possessore besitzt, d. h. qui sine aliqua causa aliquam rem hereditariam vel etiam totam hereditatem sciens ad se non pertinere possidet; s. v. a. praedo. Gai. IV, 144. Dig. V, 3, 1. 9. 11–13.

Cic. Verr. I, 45. si quis testamento se heredem arbitraretur, lege ageret in hereditatem (mit der einfachen alten legis actio sacramento) aut pro praede litis et vindiciarum cum satis accepisset (der beklagte Besitzer satisdirt, der petitor verspricht dagegen, wenn er abgewiesen würde, die Sponsionssumme zu bezahlen, mit der sponsio: ni sua hereditas sit), sponsionem faceret, ita de hereditate certaretur. Nachdem der Prozess durch die präjudicielle Sponsion eingeleitet war, wurde die Summe eingeklagt, was bei den Centumviri mit legis actio geschah. Gai. IV, 95. apud centumviros petimus, sed per legis actionem.

summam sponsionis non per formulam

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