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ausgabe der Früchte an den vindicirenden Eigenthümer, s. unt. p. 298.

Viertes Capitel.

Schutz des Eigenthums.'

Der Schutz, welchen die Gesetze dem Eigenthümer angedeihen lassen, ist nach der Art des Eigenthums sehr verschieden und hängt zugleich von der Beschaffenheit der Eingriffe ab, welche in das Eigenthumsrecht gemacht worden sind.

I. Klagen des quiritarischen Eigenthums.

1) Die uralte rei vindicatio, 2 später speziell in rem actio genannt, z. B. Dig. VI, 1, 1. 23. pr. 1. 39. §. 1. 1. 41. §. 1. Gai. IV, 5. u. s. w. ist die dem Eigenthümer bei gänzlicher Vorenthaltung seiner Sache gegen den faktischen Besitzer derselben zustehende Klage, durch welche der Erstere von Letzterem die Anerkennung seines Eigenthums und die Herausgabe des Gegenstandes fordert. Ulp. Dig. XLIV, 7, 1. 25. pr. in rem actio est, per quam rem nostram, quae ab alio possidetur, petimus et semper adversus eum est qui possidet. - Seit Hadrian kann diese Klage auch gegen den erhoben werden, welcher die Sache besessen und in böslicher Absicht von sich gegeben hat (zufolge eines s. g. Scons. Juvencianum), Paull. Dig. VI, 1, 1. 27. §. 3. qui ante litem conte

u. Proz. XVIII, N. 7. v. Vangerow, Pand. p. 551 ff. Heimbach, p. 224 -265. Sell, p. 70 ff. Brins, Pand. I, p. 198 f. Dernburg, Rec. p. 144 ff. macht auf den in der Billigkeit liegenden Grund aufmerksam, dass die Früchte dem zukommen, der sie durch seine Thätigkeit gewonnen hat, Inst. II, 1, 35. pro cultura et cura. Nach v. Savigny, Besitz p. 314 ff. und Windscheid, a. a. O. hätte der bonae fidei possessor nur bonae fidei possessio an den separirten Früchten gehabt. S. dagegen Sell, p. 65 ff. Unterholzner endlich, im Archiv für civil. Praxis VIII, p. 309 ff. unterscheidet zwischen den verschiedenen Arten der Früchte. S. dagegen Sell, p. 68 ff.

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Schilling, Inst. II, p. 581-590. Puchta, Inst. II, p. 558-572. (587-603.). Sell, p. 293-417.

Ausser den Genannten s. P. C. Kritz, Darstell. praktischer Materien des rom. Rechts. I. Dresden 1831. G. W. Wetzell, der röm. Vindikationsprozess. Leipz. 1845.

› statam dolo desiit possidere, tenetur in rem actione. Gai. ebdas. 1. 36. pr. Ausser der Restitution der Sache verlangt der Kläger zugleich Erstattung des Schadens, welcher ihm durch die Besitzentziehung zugefügt worden ist (Paull. Dig. L, 16, 1. 75. restituere is videtur, qui id restituit, quod habiturus esset actor, si controversia ei facta non esset. und das. 1. 81. verbo restitutionis omnis utilitas actoris continetur, Pomp. ebdas. 1. 246. §. 1.), also Ersatz für etwaige Beschädigungen der Sache (Dig. VI, 1, 1. 13.) und für die Früchte derselben. Der malae fidei possessor muss auch die Früchte ersetzen, welche er hätte ziehen können, und zwar von Anfang des Besitzes, Paull. ebdas. 1. 31. fructus non modo percepti, sed et qui percipi honeste potuerunt, dagegen der bonae fidei possessor nur die exstantes, d. h. die er noch besitzt, nicht die welche er consumirt hat (ausgenommen die Früchte einer Erbschaft, zufolge des Scons. Juvencianum, Dig. V, 3, 1. 40. §. 1. Cod. III, 31, l. 1. §. 1.). Aber von der Zeit der angestellten Klage an muss er für alle Früchte stehen. Cod. III, 32, 1. 22. certum est, malae fidei possessores omnes fructus solere cum ipsa re praestare, bonae fidei vero exstantes, post autem litis contestationem universos. V, 51, 1. 2. Paull. Dig. L, 16, l. 35. Dig. X, 1, 1. 4. §. 2. Ulp. Dig. VI, 1, l. 17. §. 1. Gai. 1. 20. Papin. 1. 62. §. 1. Inst. II, 1, 35.2 - Wenn der Kläger sein Eigenthumsrecht und das Vorenthalten des Besitzes von Seiten des Beklagten bewies, so wurde der Beklagte zur Restitution condemnirt. 3 Ulp. Dig. VI, 1, 1. 9. ubi enim probavi rem meam esse, necesse habebit

1 Heimbach, p. 92–211. Von der Verpflichtung des unredlichen Besitzers p. 156 ff. 163 ff. und des redlichen Besitzers p. 154 ff. 159 ff. Rudorff, zu Puchta Inst. 5. Ausg. II, p. 594 f. (über die mildere Ansicht des Justinianeischen Rechts rücksichtlich der fructus percipiendi).

Es ist jedoch zu bemerken, dass die Restitution der Früchte in der alten Vindikationsklage mit legis actio nicht mit enthalten war, sondern dass damals, wenn die Eigenthumsfrage zu Gunsten des Klägers entschieden war, ein zweites iudicium anberaumt werden musste, in welchem der Beklagte, wenn er die Restitution verweigerte, zur Bezahlung des Duplum condemnirt wurde (Fest. v. vindiciae p. 376 M. 8. Aktionenrecht), was Justinian auf das Einfache herabsetzte. Aber bei der Vindikation mit formula petitoria wurde Eigenthumsrecht und Restitution in demselben Prozess abgemacht. Heimbach, p. 163 ff. 185 - 199.

C. G. E. Heimbach, de dominii probatione. Lips. 1827.

possessor restituere, qui non obiecit aliquam exceptionem. Fur. Anth. ebdas. 1. 80. in rem actionem pati non compellimur, quia licet alicui dicere, se non possidere; ita tamen, ut, si possit adversarius convincere, rem ab adversario possideri, transferat ad se possessionem per iudicem licet suam esse non approbaverit. Der Beklagte entgeht aber zuweilen der Condemnation dadurch, dass er Exceptionen vorbringen kann, durch welche er sein Recht nachweist, die Sache dem Eigenthümer für jetzt oder auch für immer vorzuenthalten. Das Erste ist der Fall, wenn der Beklagte mit der exceptio doli Gegenforderungen, nemlich Verwendun, gen für die streitige Sache geltend macht, wo er die Sache bis zum Moment der Befriedigung zurückbehalten darf (retentio), Dig. XLIV, 4, 1. 14. Solche Verwendungen sind dreierlei Art, a) impensae necessariae quae si factae non sint, res aut peritura aut deterior futura sit, wie Paull. Dig. L, 16, 1. 79. erklärt. b) impensae utiles, quae meliorem dotem faciant (nur beispielsweise ist dos genannt), durch welche der Werth der Sache erhöht wird; c) impensae voluptariae, quae speciem duntaxat ornant, non etiam fructum augent (z. B. Gärten, Springbrunnen u. dgl.), vgl. Dig. XXV, 1. de impensis.

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Eine peremtorische Exception gegen die Vindikation ist die exceptio rei venditae et traditae, 2 Dig. XXI, 3. Wenn nemlich

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1 W. Sell handelt über das Recht des beklagten Besitzers, bei der vindicatio und Publiciana actio seine Verwendungen auf die fremde Sache geltend zu machen, in Sell, Jahrb. Braunschw. 1845. III, -344. Ein Dieb kann auf gar keinen Ersatz für impensae Anspruch machen, Dig. XIII, 1, l. 13. Cod. VIII, 52, 1.1. Der malae fidei possessor hat die exceptio doli wegen impensae necessariae, wegen der anderen aber nicht, sondern nur das ius tollendi, d. h. er darf die Verbesserungen wegnehmen, sobald es ohne Schaden geschehen kann, wenn nicht etwa der klagende Eigenthümer einen Ersatz dafür geben will, Dig. VI, 1, 1. 37. 38. si paratus est dominus tantum dare, quantum habiturus est possessor his rebus ablatis. Cod. V, 32, 1.5. Dem bonae fidei possessor steht die exceptio doli wegen impensae necessariae und utiles zu und auch nur dann, wenn sie den Betrag der von ihm gewonnenen Früchte übersteigen, für die voluptariae entbehrt er der exceptio und besitzt nur das Recht, dieselben wegzunehmen, Dig. VI, 1, 1.27. §. 5. 1. 38. 48. Inst. II, 1, 30.

A. L. J. Michelsen, de exceptione rei vend. et trad. Berol. 1824. Albers, de exc. rei v. et t. Goett. 1824. v. Buchholtz, Versuche N. 13. Schilling, p. 589 f. Wiebeking, üb. die exc. rei v. et tr. München 1847.

Jemand eine Sache, ohne selbst Eigenthümer derselben zu seyn, einem Anderen tradirt hatte und später Eigenthumsrecht an derselben erwarb, so konnte er nach strengem formellen Recht die Sache vindiciren. Da dieses aber doch sehr unbillig und eine Verletzung des materiellen Rechts gewesen wäre, so wurde ein solcher Vindicant durch die genannte Exception zurückgewiesen. Ulp. Dig. XXI, 3, 1. 1. pr. Marcellus scribit, si alienum fundum vendideris et tuum postea factum petas, hac te exceptione recte repellendum. ebdas. 2. VI, 1, l. 72. XXI, 2, l. 17.

2) Neuer ist die actio negatoria oder negativa1 (s. g. Gai. IV, 3.), die Klage des Eigenthümers gegen den, welcher sich unbefugter Weise partiale Störungen des Eigenthums erlaubt, namentlich indem er sich Servituten anmasst oder eine begründete Servitut ungebührlich ausdehnt. 2 Ulp. Dig. VIII, 5, 1. 2. pr. de servitutibus in rem actiones competunt nobis ad exemplum earum, quae ad usumfructum pertinent, tam confessoria, quam negatoria; confessoria ei, qui servitutes sibi competere contendit, negatoria domino,

Sell, p. 382 f. Was den Ursprung dieser Exception betrifft, so glaubten Manche nicht unwahrscheinlich (wie Michelsen, Albers, Schilling, Puchta, Sell), dass dieselbe zuerst zum Schutze des Verhältnisses in bonis gegen den quiritarischen Eigenthümer eingeführt worden sey, z. B. wenn Jemand eine res mancipi blos tradirte, also dominus blieb, und die Sache von dem Inhaber in bonis vindicirte, so hätte sich letzterer mit der genannten Exceptio schützen können. Später habe dann die Einrede einen grösseren Umfang gewonnen. S. dagegen Mayer, in Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. VIII, p. 35-47, und v. Vangerow, Pandekten I, p. 587 ff. Aus den Quellen lässt sich nichts Sicheres ermitteln.

C. F. Veltheim, de actione confessoria et negat. Kil. 1822. Puchta, über die Negatorienklage, im Rhein. Museum 1827. 1, p. 165–184. und in civ. Abhandl. von Rudorff, p. 148–166. Paxe, die Beweislast bei actio conf. u. neg. in Archiv f. civ. Prax. XVI, p. 194–253. Francke, die Beweislast b. d. Negatorienklage, in Arch. XXI, p. 1-34. Schmidt (von Ilmenau), zur Lehre von der confessoria und negatoria actio, in Zeitschr. für gesch. Rechtswiss. XV, p. 149-176. Sell, p. 386–396. Reuter, in Zeitschr. f. Civilr. u. Proz. XII, p. 446 ff.

Gewöhnlich wird angenommen, dass die negatoria gegen jede partielle Eigenthumsstörung zulässig sey (s. Puchta a. a. O., v. Vangerow, Pand. I, p. 706., Sell, p. 390 f. u. A.), dagegen Schmidt, a. a. O. p. 170-175. behauptet, nur gegen solche Eingriffe, welche, objektiv betrachtet, den Inhalt einer Servitut zu bilden im Stande sind; ebenso Brinz, Pand. I, p. 236 ff.

qui negat. Ders. Dig. VII, 6, 1. 5. pr. quanquam enim actio negatoria domino competit adversus fructuarium, magis tamen de suo jure agere videtur, quam alieno, cum invito se negat jus esse utendi fructuario, vel sibi jus esse prohibendi. Pomp. Dig. VIII, 5, 1. 14. §. 1. Inst. IV, 6, 2. Der Grund der Klage ist das Eigenthum (darum hat der Kläger nichts als sein Eigenthum zu beweisen, s. Ulp. oben), der Zweck derselben Anerkennung der Freiheit von der Beschränkung, also Unterlassung fernerer Störung nebst etwaigem Schadenersatz, Ulp. Dig. VIII, 5, 1. 4. §. 2. sed et in negatoria actione, ut Labeo ait, fructus computantur, quanti interest petitoris, non uti fundi sui itinere adversarium. Ders. Dig. XXXIX, 2, 1. 4. §. 7. Diese Klage erhielt ihren Namen von der negativen Form der intentio in der Prozessformel z. B. si paret ius non esse utendi fruendi fundo invitos. oben, si paret ius non esse aedificare invito' (vgl. Paull. Dig. VIII, 5, 1. 9.), si paret · ius non esse, aedificatum, tigna immissa, parietem ita proiectum, protectum, arborem ita habere invito (Dig. das. 11. 12. 14. §. 1. l. 17. pr. XLVII, 7, 1. 6. §. 2.) u. s. w. Seltener war die Formel positiv gefasst: si paret ius esse prohibere aedificare, Marcell. ebdas. 1. 11., Stephan. Schol. zu Dig. VII, 6. 5. vgl. ob. Ulp. i

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II. Klage des Verhältnisses in bonis.

Es ist unzweifelhaft, dass, nachdem derjenige, welcher eine Sache in bonis besass, zu seinem Schutze eine exceptio als Mittel zur Abwehr des starren Rechts erhalten hatte, er bald darauf auch eine förmliche Klage bekam; aber sehr bestritten ist, welche Klage es war, indem die Quellen davon ganz schweigen. Die Meisten nehmen an, es sey die Publiciana in rem actio gewesen, 2

1 Aus dem Scholium des Stephanus schloss Zachariae von Lingenthal, in Zeitschr. für gesch. R. W. XII, p. 258-288., dass neben der actio negatoria eine davon materiell verschiedene prohibitoria gestanden habe. S. dagegen Stephan, in ders. Zeitschr. XIV, p. 274-286., vorzüglich aber Schmidt a. a. O., durch welchen diese Sache zum Abschluss gekommen ist, dass nemlich die negatoria und prohibitoria niemals materiell, sondern nur im Ausdruck verschieden waren, indem die eine dasselbe affirmativ ausdrücke, was die andere in negativer Fassung bezeichne. Die letztere Form war die ältere und häufigere, weshalb der Name negatoria der allgemeine blieb. Rudorff, zu Puchta Inst. 5. Ausg. II, p. 596.

v. Savigny, Lehre des Besitzes. 6. Aufl. p. 116. Ballhorn - Rosen,

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