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Vorwort.

PA6007 748 1872

Durch Zweierlei hauptsächlich unterscheidet sich die vorliegende Bearbeitung der römischen Literaturgeschichte schon. äusserlich von ihren Vorgängern: dem Umfange nach durch ihre gleichmässige Berücksichtigung der christlichen Literatur, der Art nach durch ihre chronologische Anlage. Das Eine wie das Andere ist der Ausfluss davon dass vor Allem mein Bestreben war eine wirkliche Geschichte der römischen Literatur zu geben, eine Darstellung ihrer Erscheinungsweisen während der Jahrhunderte ihres Daseins.

Von diesem leitenden Gesichtspunkte aus musste es als ganz unmöglich erscheinen die christliche Literatur auszuschliessen oder auch nur zu verkürzen; denn vom Ende des zweiten Jahrh. n. Chr. an ist sie nun einmal ein Bestandtheil der römischen Literatur, und zwar einer von immer zunehmender Wichtigkeit. Sie trotzdem hintanzusetzen wäre nur dann zulässig wenn man überhaupt sich, mit Weglassung aller technischen Fächer, auf die sog. schöne Literatur beschränken wollte. Behandelt man aber die Literatur der Jurisprudenz, Naturwissenschaften u. s. f., so darf man auch gegen die der Theologie sich nicht verschliessen. Abhalten könnte davon nur etwa ihr grosser Umfang. Aber es versteht sich dass sie Gegenstand der Literaturgeschichte nur in der Ausdehnung werden kann in der es auch die übrigen technischen Fächer sind; und was die Art ihrer Behandlung betrifft, so war mein Bemühen sie mit historischem Sinne anzufassen, also ohne Einmischung in die dogmatischen Zänkereien, aber auch ohne Geringschätzung.

Das andere Unterscheidungsmerkmal ist die Anlage nach der Zeitordnung. Sie ist eine so unmittelbare Folge des historischen Grundcharakters und hat sich mir in mehr als zwanzigjährigem akademischem Vortrage so vollständig bewährt dass ich hoffe es werde auch in Zukunft dabei sein Bewenden haben.

Eine weitere Folge der historischen Haltung welche meine Arbeit erstrebt war dass für mich der zufällige Umstand ob von den Schriften eines Mannes viel oder wenig oder vielleicht auch gar nichts auf uns gekommen ist nur von untergeordneter Bedeutung war. Ich habe die einzelnen Gestalten der Literatur nach ihrem innern Werthe, an sich und für ihre Zeit, zu wür

digen gesucht und konnte mich dadurch dass vielfach der Zufall gerade gegen die gehaltvollsten und selbständigsten sich missgünstig erwiesen hat nicht bestimmen lassen nun auch meinerseits sie in Schatten zu drängen.

Sonst war mein Bestreben auf Zuverlässigkeit gerichtet, wie auf Unparteilichkeit. Ich habe mich fern zu halten gesucht gleich sehr von blinder Bewunderung alles Geschriebenen wie von Parteinahme für oder wider. Aber den unwandelbaren Gesetzen nach denen sich eines Mannes Tüchtigkeit und eines Schriftstellers Werth bemisst musste unverkürzt ihr Recht werden.

Die Grenze für die Darstellung war dadurch gegeben dass mein Werk eine römische Literaturgeschichte ist, eine Geschichte der Literatur des römischen Volkes und des römischen Reiches. Wäre mein Ziel eine lateinische Literaturgeschichte gewesen, d. h. eine Geschichte der in lateinischer Sprache abgefassten Literatur, so hätte ich kein Ende zu finden gewusst. So aber war dieses mit dem Ende des römischen Volkes und Reiches von selbst geboten. Nur durfte hier nicht mit Pedanterie verfahren werden. Mit der Absetzung des Augustulus war weder das Reich noch vollends gar das Volk vernichtet; es waren daher auch die Haupterscheinungen der Literatur im sechsten Jahrhundert mit in Betracht zu ziehen, und um ihnen ihre richtige Beleuchtung zukommen zu lassen musste auch manches scheinbar Fremdartige und Unbedeutende noch Aufnahme finden.

Ich darf dieses Vorwort nicht schliessen ohne meinen nächsten Vorgängern den schuldigen Zoll der Dankbarkeit zu entrichten. Bähr's umfassende Bücherkenntniss hat mir manche Notiz geliefert die mir selbst entgangen war. Wenn es ver

hältnissmässig selten vorkam, so hat diess seinen Grund theils darin dass ich vom ersten Beginn meiner Studien an mir die griechische und römische Literaturgeschichte zur Lebensaufgabe gemacht und daher von Anfang an dafür gesammelt habe, theils in dem Umstande dass ich grundsätzlich darauf verzichtete alle jemals ausgesprochenen Ansichten, mögen sie irgend welchen Grund für sich haben oder nicht, zu verzeichnen. Bernhardy's schönem Werke aber verdanke ich seit einer langen Reihe von Jahren unendlich viele Anregung, und es ist für mich ebenso Bedürfniss wie Pflicht diess hier öffentlich auszusprechen.

Tübingen, 31. October 1870.

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Die günstige Aufnahme welche dieses Buch gefunden, so dass die starke Auflage fast unmittelbar nach Vollendung des Ganzen vergriffen war, diente mir als Sporn auf die Vervollkommnung desselben allen Fleiss zu verwenden. So zeigt denn diese zweite Auflage viel zahlreichere und tiefer gehende Aenderungen und Zusätze als die Kürze der dazwischen liegenden. Zeit erwarten lassen sollte. Aber theils hatte schon das Erscheinen der ersten Auflage über einige Jahre sich erstreckt, während deren manches Neue nachwuchs, theils musste die zusammenhängende Durcharbeitung des ganzen Gebietes namentlich für den ersten Theil viele Erweiterungen und Verbesserungen mit sich bringen. Aber auch sonst galt es nicht selten wahrgenommene Lücken auszufüllen, Irrthümer zu berichtigen, Ungleichheiten zu beseitigen. Manches habe ich auch den freundlichen Mittheilungen von Fachgenossen zu danken, wie besonders M. Hertz, dann F. A. Eckstein, Freudenberg, L. Müller, E. Wölfflin; Anderes neueren Programmen und Dissertationen, für deren gefällige Zusendung ich den Verfassern durch sorgfältige Benützung und Erwähnung meinen Dank abzustatten suchte. Anlage und Plan aber ist im Wesentlichen unangetastet geblieben, da ich ihn wohl als erprobt betrachten darf. Ausstellungen die sich darauf bezogen habe ich daher, so zugänglich ich sonst für Belehrung bin, sehr selten Folge gegeben. So namentlich nicht dem Vorwurfe allzu grosser Theilung in der Kaiserzeit. Wen hindert denn diese Theilung weiterzulesen oder aus der Inhaltsübersicht den gewünschten Ueberblick sich rasch zu verschaffen? Wenn die Quellen es gestatteten und die einzelnen Generationen. sich immer selbst gegen einander scharf genug abhöben, so würde ich eher noch weitere Zerlegung des Stoffes für das Richtige halten, um dem geschichtlichen Entwickelungsgange Schritt für Schritt nachzufolgen. Sonst aber habe ich keinen Beitrag zur Verbesserung meines Werkes wissentlich unbenützt gelassen und werde auch fernerhin für jeden dankbar sein.

Tübingen, 30. Juni 1872.

Wilhelm Sigmund Teuffel.

Inhaltsübersicht.

A. Allgemeiner und sachlicher Theil.

1. Römischer Volkscharakter. S. 1. 2. Stellung der Römer zur Literatur. S. 2.

3. Dramatische Begabung der Römer. S. 3. 4. Volksmässige Aufführungen. S. 4. 5. Die Fescenninen. S. 4. 6. Die saturae. S. 5. 7. Der mimus. Begriff und ältere Geschichte. Planipes. S. 7. 8. Der mimus am Ende der Republik und in der Kaiserzeit. S. 9. 9. Die Atellanen als Volksposse. S. 13. 10. Die Atellanen als Literaturzweig. S. 14. 11. Volkspoesie der Römer. S. 15. 12. Das Kunstdrama.

Uebersicht. S. 17. 15. Die palliata.

13. Die Tragödie. S. 17. 14. Die praetexta. S. 20. Uebersicht ihrer Geschichte. S. 21. 16. Nähere Charakteristik der palliata. S. 22. 17. Die togata (tabernaria, trabeata). S. 26.

Rhinthonica. S. 28.

mium. S. 33.

18. Die

20. Das

19. Das Epos. Geschichtliche und nationale Stoffe. S. 29. heroische Epos. S. 31. 21. Christliche Epiker. S. 32. 22. Epithala23. Das Lehrgedicht. S. 33. 24. Spruchgedichte. S. 36, 25. Der poetische Brief. S. 37. 26. Räthsel, Centones. Akrosticha. S. 38. 27. Die Fabel. S. 40. 28. Die Satire als Literaturzweig. S. 41.

Das Idyll. S. 43.

29.

32. Die

30. Aelteste Lyrik. S. 44. 31. Das Epigramm. S. 45. Elegie. S. 46. 33. Der Iambus. S. 48. 34. Die Melik. S. 50. 35. Die Prosa bei den Römern. S. 52. 36. Die Geschichtschreibung bei den Römern im Allgemeinen. S. 52. 37. Die Annalisten. S. 55. Die Historiker der cic. und augusteischen Zeit. S. 57. der Kaiserzeit. S. 58. 40. Die Inschriften. S. 61. forschung, Polyhistorie und Grammatik. S. 62.

38.

39. Die Historiker 41. Die Alterthums

43. Die Bered tsam

42. Die Beredtsamkeit bei den Römern. S. 67. keit in der Republik. S. 69. 44. Die Beredtsamkeit in der augusteischen und der Kaiserzeit. Rhetorik. S. 73. 45. Briefe und Briefsammlungen. S. 78.

46. Die Jurisprudenz in der Republik. S. 81. 47. Die Jurisprudenz in der augusteischen und der Kaiserzeit. S. 84.

48. Die Philosophie bei den Römern in der Zeit der Republik. S. 87. 49. Die Philosophie in der Kaiserzeit. S. 90. 50. Mathematik und Astronomie. S. 92. S. 94. 52. Die Land- und Haus-Wirtschaft. S. 96. 54. Die Kriegswissenschaft. S. 98.

51. Die Naturwissenschaften. S. 95. 53. Die Heilkunde.

55. Die Architektur. S. 98.

56: Die Feldmesskunst. S. 99. 57. Die scriptores metrologici. S. 100. 58. Die Geographie. S. 100.

Inhaltsübersicht.

VII

II. Erste Periode. Von Andronikus bis in die sullanische Zeit. J. 514-670 d. St.
89-91. Charakteristik der beiden Jahrhunderte. S. 127.

sechste Jahrhundert. S. 127. 90. Das siebente Jahrhundert. S. 132.

Sprache und Metrik in beiden Jahrh. S. 134.)

94. Plautus.

95. Die erhaltenen

Reihenfolge. S. 143.

97. Dichterische

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