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vorenthalten hat, der Nachtheil treffen, daß er nunmehr zu mehrfachem Betrage dessen, was er schuldig war, verurtheilt wird (§. 98 not. d. . f.)

Anm. Im Justinianischen Recht kommen folgende hierhergehörige Fälle vor: a) Die gerichtliche Abläugnung der Schuld, die dem Kläger deren Beweis aufbürdet, hat die Strafe des doppelten Ersatzes zur Folge (Lis infitiando crescit in duplum): a) bei der Verbindlichkeit zum Schadenersatze ex lege Aquilia, §. 19. 23. 26. J. de act. 4. 6. L. 2. §. 1. D. ad leg. Aquil. 9. 2.; 3) wenn der Beklagte die Aechtheit eines schriftlichen Empfangbekenntnisses oder den darin bescheinigten Empfang abläugnet, Nov. 18. cap. 8.; in beiden Fällen vorausgesetzt, daß der Beklagte anders als durch Ausschwörung des dem Kläger oder Verweigerung des dem Beklagten angetragenen Eides überführt werde. L. 30. D. de iureiur. 12. 2. Nov. 18. cit.

b) Nicht nur die Abläugnung, sondern schon die Nichterfüllung bis zur Klage ver pflichtet zum Doppelten bei Vermächtnissen zu Gunsten milder Stiftungen. §. 19. 26. J. 1. c. cf. L. 45 (46). §. 7. Cod. de episcop. 1. 3.

c) Auch die treuloje Vorenthaltung eines jogen. depositum miserabile hat Verurtheilung zum Doppelten zur Folge. §. 17. J. 1. c. L. 1. §. 1. D. depos. 16. 3. d) Dieselbe kann auch in Folge der redhibitoria actio eintreten. L. 45. D. de aed. ed. 21. 1. (§. 304. A. 6.)

e) Die Weigerung der Wiedererstattung auf richterliches Gebot zieht bei der actio quod metus causa Verurtheilung zum Vierfachen nach sich. §. 25. 27. J. l. c. L. 14. §. 1. D. quod met. causa. 4. 2.

Nicht hieher gehört L. 33. Cod. de locato. 4. 65., die unter den Gesichtspunkt von §. 94. not. h. fällt.

2 Eine erschöpfende geschichtliche Erörterung dieser Fälle, insbesondere der eigent lichen Litiscrescenz, gibt Rudorff in der Ztschr. f. gesch. Rtsw. XIV. 9., dazu vgl. Mayer in d. 3tschr. für Rtsgesch. II. S. 311 fg. Im Justinianischen Recht „erscheint die Verdoppelung als innerlich principlose willkürliche Strafe des Abläugnens, von der man nur nicht begreift, warum sie nicht eben so gut in unzähligen andern Fällen angewendet wird“. „Ueber die Anwendung ... im gemeinen deutschen Recht ist man so weit einig, als sie die Ausschließung der condictio indebiti (vgl. §. 7. J. de obl. quasi ex contr. 3. 27.) und die Verdoppelung der Vermächtnisse ad pias causas betrifft; über die Verdoppelung der Aquilia hingegen ist es nie zu einer übereinstimmenden Doctrin und Praxis gekommen. Auch das Läugnen der Schuldscheine und Quittungen ist nur particularrechtlich mit dem Doppelten gestraft worden.“ Rudorff a. a. O. S. 476. 477. Ueber die verschiedenen Meinungen vgl. noch C. Sell Jahrb. II. S. 245 fg. Sintenis §. 101. A. 69 fg. Windscheid §. 263. [A. 15. Mandry Reichsges. S. 179 fg.] Die Strafe des Vierfachen nach A. 1. e. ist entschieden unpraktisch. Puchta §. 271. not. f. §. 385. not. e.

§. 253.

3) Durch Zufall.

Ein Zufall kann die Obligatio völlig aufheben, indem er deren Erfüllung ganz unmöglich macht (§. 274); er kann eben so dieselbe mindern, indem er die Leistung in ihrem ursprünglichen Umfang un

möglich macht. Umgekehrt kann der Gegenstand der Leistung durch zufällige Umstände einen Zuwachs erhalten, causa rei oder commodum rei. Es versteht sich vorerst von selbst, daß derjenige, welcher eine bestimmte Sache zu fordern hat, die Sache auch mit den inzwischen bis zur Erfüllung hinzugekommenen neuen Bestandtheilen (unselbständige Accessionen) zu fordern berechtigt ist, und nur das kann dabei in Frage kommen, ob er nicht dagegen auch die Vergütung zu übernehmen hat, die nach Umständen für jenen der Sache zugegangenen Vortheil demjenigen, auf dessen Kosten er gewonnen ist, gebührt (§. 152.). Aber auch auf solchen zu dem ursprünglichen Gegenstande der Forderung hinzukommenden Zuwachs oder aus demselben sich ergebenden Gewinn, der für sich selbständig besteht, kann der Gläubiger in der Regel Anspruch machen, sofern die Hauptsache als eigentlich ihm schon gehörende zu betrachten ist, und so auch insbesondere, wenn ihm die Forderung auf jene gegen eine Gegenleistung, nicht eben so wenn unentgeltlich, erworben ist, so wie in solchen Fällen ihn auch in der Regel der Nachtheil einer zufälligen Minderung oder Verschlechterung der Sache trifft, und ungeachtet derselben die Gegenleistung nicht gemindert wird1. Solcher Zuwachs sind namentlich die Früchte der Sache mit Abrechnung der auf ihre Erzeugung verwendeten Kosten, die einem Grundstück gegenüber entstandene Flußinsel, und die Hälfte des in einem solchen gefundenen Schaßes2. Auch kann der Gläubiger, wenn durch ein Ereigniß die eigentliche Schuldleistung ganz oder zum Theil unmöglich gemacht wurde, als Ersaß dafür die durch dasselbe Ereigniß begründeten Rechtsvortheile in Anspruch nehmen, insofern er es ist, welcher den andrerseits dadurch bewirkten Nachtheil zu tragen hat, es sei nun dieser durch Delict eines Andern oder durch ein Rechtsgeschäft des Schuldners mit einem Dritten' verursacht. Ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners als für den Gläubiger abgeschlossen aufzufassen, so kann der lezte jedenfalls den dadurch erzielten Vortheil sich aneignen, aber nicht anders, als indem er zugleich Gefahr und Nachtheil desselben auf sich nimmt.

Dig. de usuris et fructibus et... accessionibus... 22. 1. de periculo et commodo rei venditae. 18. 6. Cod. 4. 48. b §. 3. J. de emt. 3. 23. L. 7. pr. D. de peric. 48. 6. L. 16. D. de legat. 111. cf. L. 4. D. de iure dot. 23. 3. © L. 38. §. 1..5. 10.. 12. D. h. t. 22. 1. L. 22. §. 2. D. de pign. act. 13. 7. L 7. §. 12. L. 11. D. sol. matr. 24. 3. cf. Vat. fragm. §. 114. d L. 4. §. 1. L. 38. §. 8. 9. 15. D. b. t. 22. 1. L. 1. Cod. h. t. 4. 48. L. 13. §. 13. 17. D. de act. emti. 19. 1. L. 16. Cod. eod. 4. 49. cf. L. 38. §. 7. D. h. t. 22. 1. L. 8. 14. eod. L. 16. D. de legat. III.

e

§. 3 a.

(3 i. f.) J. de emt. 3. 23. L. 35. §. 4. D. de contrah. emt. 18. 1. L. 13. §. 12. D. de act. emti. 19. 1. f L. 21. D. de her. v. act. L. 11. §. 8. 9. 10. D. quod vi. 43. 24. L. 14. pr. D. de furt. 47. 2. vend. 18. 4. L. 7. §. 13. D. commun. div. 10. 3. L. 13. §. 17. D. de act. emti. 19. 1. L. 78. §. 4. D. de iure dot. 23. 3. L. 1. §. 47. L. 2. D. depos. 16. 3. L. 15. §. 2. D. de rei vind. 6. 1. cf. L. 62. pr. eod. g L. 21. D. cit. cf. L. 17. D. de rei vind. 6. 1.

Anm. 1 In den meisten Fällen trifft es so zusammen, daß derjenige, welcher die Gefahr einer Sache trägt, auch Anspruch auf den hinzukommenden Vortheil hat, und so wird es als Regel ausgesprochen: Commodum eius esse debet, cuius periculum est. §. 3. J. de emt. 23. 3. Daß aber weder diese Regel als durchgreifender Grundsag aufgestellt werden kann, noch der Grund des Anspruchs auf das commodum in dem Tragen des periculum zu finden ist, obwohl manche Stellen (not. c. d.) sich so aussprechen, ist überzeugend dargethan von Fr. Mommsen Erörtr. aus dem Obligationenrecht. 1. Heft. Braunschweig 1859. Vgl. Dworzak in Haimerl's Vierteljahrschrift IV. Lit. S. 25..37. Windscheid §. 327. [Brinz 2. Aufl. §. 244.]

2 Ueber den Umfang des dem Gläubiger gebührenden commodum vgl. überhaupt Jhering Abh. Nr. 1. „In wie weit muß der, welcher eine Sache zu leisten hat, den mit ihr gemachten Gewinn herausgeben"? und Mommsen a. a. D. S. 53 . . 67. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, ob der Gewinn durch die Sache gewährt oder dargeboten, nicht wesentlich nur als Produkt einer Willensthätigkeit des Gewinnenden zu betrachten ist. So war nach R. R. insbesondere auch der durch den Sklaven, welcher Gegenstand des Forderungsrechts war, gemachte Erwerb herauszugeben. L. 13. §. 18. D. de act. emti. 19. 1. L. 38. §. 5. L. 39. D. de hered. instit. 28. 5. cf. L. 45. pr. §. 1. D. de acquir. hered. 29. 2. L. 47. D. de iure dot. 23. 3. Dahin ge= hört ferner die pars adiudicata als Zuwachs des Theileigenthums einer Sache, wenn die Adjudicatio durch die Theilungsflage des andern Miteigenthümers herbeigeführt ist. L. 78. §. 4. D. eod. L. 13. §. 17. D. de act. emti. 19. 1. L. 7. §. 13. D. comm. div. 10. 3. Daß auch die dem Grundeigenthümer als solchem zukommende Hälfte des Schazes dahin gehöre, ist zwar bestritten; Puchta Vorles. §. 272. II. S. 110 fg. (4. Aufl.) spricht hinsichtlich des vom Schuldner selbst noch als Eigenthümer gefundenen Schazes dem Gläubiger den Anspruch auf die Hälfte ab; denn: „die finguläre Bestimmung, welche das natürliche Recht des Occupanten modificirt, kommt (hier) nicht zur Anwendung, weil ihre Voraussetzung ist, daß Occupant und Eigenthümer verschiedene Personen sind, und diese (hier) nicht eintritt... Es entsteht gar keine Forderung auf die Hälfte, und darum kann auch nicht von ihrer Devolution an den Gläubiger die Rede sein“. Aber dieß ist, selbst nach der ihm zu Grunde liegenden falschen Ansicht (§. 154. A. 6.), nur subtil, nicht consequent: arg. L. 7. §. 12. D. sol. matr. 24. 3. Jhering a. a. D. S. 8., womit auch übereinstimmt Rudorff zu Puchta a. a. D. A. 3. Mommsen a. a. O. S. 56. A. 5. Streitig ist noch, ob und in wiefern auch der Mieth- oder Pacht-Zins gleich den natürlichen Früchten hieher gehöre? L. 13. §. 11. D. de act. emti. 19. 1. Si in locatis ager fuit, pensiones utique ei cedent, qui locaverat. Idem et in praediis urbanis: nisi si quid nominatim convenisse proponatur. Dagegen L. 13. §. 13. eod. Item si quid ex operis servorum vel vecturis iumentorum vel navium quaesitum est, emtori praestabitur. Cf. L. 62. pr. D. de rei vind.... Nam etsi maxime vectura, sicut usura, non natura pervenit, sed iure percipitur, tamen ideo vectura desiderari potest, quoniam periculum navis possessor petitori praestare non debet, cum pecunia periculo dantis foeneretur (§. 167. A. 1.). L. 13. §. 1. D. commod. 13. 6. Si quem quaestum fecit is, qui experiendum quid accepit, veluti si iumenta fuerint eaque locata sint, id ipsum praestabit (ei), qui experiendum dedit; neque enim ante eam rem quaestui cuique esse oportet, priusquam periculo eius sit. Iüd XVII. S. 196 fg. Sintenis §. 101. A. 89.; Puchta §. 272. not. e. und Vorles. II. S. 110., dagegen aber Rudorff daselbst in d. A. 2. Mommsen a. a. O. S. 124.. 141.

3 Mommsen a. a. D. S. 2. bezeichnet das commodum in diesen Fällen durch den Ausdruck: „stellvertretendes commodum", im Gegensatz von accessorischem commodum (not. b. c. d.), und entwickelt die betreffenden Grundsäge S. 76.. 124. Unter jenen Begriff fallen auch Pachtgelder, nicht Miethgelder. S. 125 fg. (vgl. A. 2. a. E.).

4 Darüber Mommsen a. a. D. S. 111 fg., insbesondere über die Frage, ob dem Gläubiger ein Anspruch auf die Versicherungssumme für die zerstörte oder beschädigte Sache zustehe? S. 116 fg. Vgl. Lippmann in d. dogm. Jahrb. VII. 2. Seuffert's Arch. VI. 180.

V. Uebertragung von Obligationen. Cession.

§. 254.

Ein Schuldverhältniß kann mit der Gesammtheit des Vermögens auf die Erben (§. 104.) und andere Universalsuccessoren (§. 56.) übergehen, als welche überhaupt die Person des bisherigen Vermögenssubjects repräsentiren. Eine Uebertragung der Obligatio aber als eines einzelnen Vermögensverhältnisses wird im römischen Recht als dem Wesen derselben widerstreitend bezeichnet, indem sie in einer persönlichen Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner beruhe, deren Aufhebung Vernichtung der Obligatio wäre. Wohl kann die bestehende Obligatio aufgehoben und eine neue desselben Inhalts zu Gunsten eines andern Gläubigers an deren Stelle gesezt werden (durch Novation, §. 268.); aber diese ist dann eben eine neue Obligatio, und es bedarf dazu der Mitwirkung des Schuldners, der sich dem neuen Gläubiger verpflichtet'. Unbeschadet dieser Rechtsansicht kann jedoch der Zweck der Uebertragung einer Forderung auf einen Andern, auch ohne Zustimmung des Schuldners, wie es dem Bedürfniß des rechtlichen Verkehrs entspricht, vollkommen dadurch erreicht werden, daß der Gläubiger die Ausübung seines Forderungsrechtes jenem zu eigenem Vortheil überläßt. Der Gläubiger kann einen Andern zum procurator in rem suam (§. 112.) bezüglich des Forderungsrechts bestellen2; er kann ihn ermächtigen, statt seiner die Zahlung in Empfang zu nehmen und nöthigenfalls durch Klage gegen den Schuldner dieselbe zu erwirken oder auf andere Weise (durch Erceptio) die Forderung geltend zu machen, zugleich mit der Einräumung, das zu Leistende als das Seinige zu behalten und zu behandeln, und auf diese Weise seine Forderung jenem abtreten (cediren). Diese Abtretung der Forderung stellt sich sonach dem Schuldner gegenüber dar als Uebertragung der Ausübung derselben an einen Andern für dessen eigene Rechnung3. Die einmal rechtsgültig erklärte Abtretung der Forderung ist aber auch, bevor noch die cedirte Klage wirklich angestellt

und der Streit anhängig gemacht ist, gegen willkürliche Zurücknahme der ertheilten Ermächtigung, so wie gegen die Erlöschung derselben durch Todesfall gesichert, indem für jeden Fall demjenigen, dem einmal in bindender Weise die vollständige Geltendmachung einer Forderung zu eigenem Vortheil eingeräumt war, zugleich eine utilis actio (suo nomine) gewährt worden ist, welche materiell denselben Erfolg hatte, als wenn er formell alieno nomine als procurator in rem suam flagte und bis zur Litiscontestatio vorgeschritten war. Indem nun auf solche Weise einem Andern die Geltendmachung der Forderung zu eigenem Vortheil als ein Recht überlassen ist und darüber ihm auch ohne weitere Rücksichtnahme auf den bisherigen Gläubiger die Verfügung zusteht, so ist jener nunmehr allein der wirklich Forderungsberechtigte; die Forderung ist in sein Vermögen übergegangen, so wie sie dem bisherigen Gläubiger zugestanden, und so erscheint die Tession der Forderung als wahre Uebertragung derselben auf einen andern Gläubiger3. Diesen nennt man Cessionar, den abtretenden Gläubiger Cedenten, den Schuldner, gegen den die Forderung abgetreten ist, debitor cessus. Uebrigens kann auch eine klaglose Obligatio abgetreten werden.

Der Cession einer Forderung steht gegenüber die Uebernahme der Schuld eines Andern. Diese kann freilich nicht ohne Einwilligung des Gläubigers die Entbindung des bisherigen Schuldners von seiner Verbindlichkeit bewirken, und gibt andrerseits dem Gläubiger, so lange er seine Einwilligung nicht erklärt hat, noch kein Forderungsrecht gegen den Uebernehmer, der bis dahin noch bloß durch den Willen des bisherigen Schuldners aller aus der Uebernahme hervorgehenden Verbindlichkeit entledigt werden kann. Hat aber der Gläubiger, ausdrücklich oder stillschweigend, den Uebernehmer als seinen Schuldner anstatt des frühern angenommen, so ist der lezte nun befreit und jener in dessen Schuldverhältniß eingetreten.

Anm. 1 Gai. II. §. 38. Obligationes quoquo modo contractae nihil eorum (sc. in iure cessionem vel mancipationem) recipiunt. Nam quod mihi ab aliquo debetur, id si velim tibi deberi, nullo eorum modo, quo res corporales ad alium transferuntur, id efficere possum; sed opus est, ut iubente me tu ab eo stipuleris: quae res efficit, ut a me liberetur et incipiat tibi teneri; quae dicitur novatio obligationis. Cf. L. 25. §. 2. D. de usufr. 7. 1. Si operas suas iste servus locaverit et in annos singulos certum aliquid stipuletur, eorum quidem annorum stipulatio, quibus ususfructus mansit, acquiretur fructuario, sequentium vero stipulatio ad proprietarium transit semel acquisita fructuario, quamvis non soleat stipulatio semel cui quaesita ad alium transire, nisi ad heredem vel adrogatorem.

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