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dem Berechtigten vom Erblasser als seinem Ascendenten bestellt war3; diese Gegenstände sind dann aber auch bei Berechnung des Betrages des Pflichttheils mit in Anschlag zu bringen, als ob sie zur Zeit des Todes noch in der Erbschaft sich befänden 4.

Anm. 1 Ueber verschiedene Meinungen in Betreff dieses Punktes vgl. Arndts a. a. D. S. 131 fg. (civ. Schr. S. 612.) A. 228.; dagegen wieder Brinz §. 202. S. 848. Windscheid §. 581. A. 7 fg. vgl. Unger §. 81. A. 7.

2 Ueber den Fall insbesondere, wenn der Berechtigte schlechthin auf den Pflichttheil oder auf die dem Pflichttheil entsprechende Quote der Erbschaft eingesezt ist: Arndts das. S. 130 fg. [civ. Schr. S. 611.] A. 225. vgl. Unger §. 82. A. 1.

3 Nach R. R. auch noch der Werth eines käuflichen Dienstes (militia), der dem Pflichttheilsberechtigten vom Erblasser verschafft war: L. 30. §. 2. Cod. h. t. 3. 28. (§. 529. A. 2.) Ohne Grund dehnen Manche diese Einrechnung in den Pflichttheil noch weiter aus, z. B. auf gewöhnliche Schenkungen, wenn einem andern Pflichttheilsberechtigten dos oder donatio propter nuptias angerechnet wird, oder auf das zum Ankauf irgend einer Sache Gegebene, oder wenigstens auf alles, was zum Ankaufe von Eiwas, wodurch der Sohn versorgt, ihm sein Fortkommen eingerichtet wird, verwendet wurde". So Puchta Vorles. §. 489. mit dem Zusaße: „dies können sein käufliche Aemter, sonstige Stellen, z. B. Canonicate, aber auch Sachen, z. B. eine Gewerbsgerechtigkeit, Landgut u. dgl." Vgl. dagegen L. 20. §. 2. (L. 20. pr. i. f.) Cod. de collat. 6. 20. Regula, ut omnia, quae portioni quartae computantur, etiam ab intestato conferantur, minime e contrario tenebit... Ea enim tantummodo ex his, quae conferuntur, memoratae portioni computabuntur, pro quibus specialiter legibus, ut hoc fieret, expressum est. Die Collation empfiehlt sich durch die Billigkeit mit Rücksicht auf die Miterben; für die Beschränkung eines Erben auf seinen Pflichttheil und in Ansehung desselben spricht keine solche Rücksicht. Arndts a. a. D. S. 132 [civ. Schr. S. 612.] fg. Vgl. aber Unger §. 81. A. 8. 9. 4 Vgl. Unger §. 81. A. 11 .. 14.

§. 595.

Was dem Notherben zur Befriedigung seines Pflichttheilsrechts beim Ableben des Erblassers gebührt, soll ihm sofort unverkürzt, ohne Beschränkung und Belastung, gewährt werden. Eine beschränkende Nebenbestimmung (Bedingung, Zeitbestimmung oder Auflage) bei einer leztwilligen Verfügung für den Pflichttheilsberechtigten ist ungültig, soweit dadurch die Entrichtung des Pflichttheils ins Ungewisse gestellt, verzögert oder in ihrer Wirkung verkürzt würde"; sie gilt nur in Ansehung desjenigen, was die Verfügung über den Betrag des Pflichttheils gewährt1. Ist jenem die ganze Erbschaft als Fideicommiß von einem späteren Zeitpunkt an hinterlassen, so kann er die Entrichtung des Pflichttheils sofort, die Restitution des Uebrigen später fordern'; ist er selbst zum Erben

a L. 32. Cod. h. t. 3. 28. b L. 36. §. 1 c..e. (§. 1.) Cod. h. t.

eingesezt und der Nießbrauch der Erbschaft einem andern vermacht, so erhält er den Pflichttheil frei vom Nießbrauch, der sich nur auf die übrigen Erbtheile beschränkt°; und so auch kann er, wenn ihm die Restitution der Erbschaft auferlegt ist, ohne Rücksicht auf den Fruchtgenuß der Zwischenzeit, die Pflichttheilsquote der Erbschaft rein und unbeschwert für sich behalten. Indessen kann der Erblasser, indem er dem Notherben mehr als den Pflichttheil bestimmt, gültig verordnen, daß derselbe diesen Mehrbetrag nur dann erhalten solle, wenn er eine das Ganze betreffende Beschränkung oder Auflage sich gefallen lasse2.

Anm. 1 L. 32. Cod. cit... Si conditionibus quibusdam vel dilationibus aut aliqua dispositione moram vel modum vel aliud gravamen introducente eorum iura... (im)minuta esse videantur, ipsa conditio vel dilatio vel alia dispositio moram vel quodcunque onus introducens tollatur, et ita res procedat, quasi nihil eorum testamento additum esset. Daher ist die bedingte Erbeinsegung, insofern sie den Pflichttheil gewähren soll, als unbedingte wirksam, was jedoch nicht auf die Substitution Anwendung findet, die noch gar keine Hinterlassung des Pflichttheils enthält. Vgl. §. 594. not. d. Ueber Pflichttheilsverletzung durch gegenseitige Fideicommißsubstitution des Ueberlebenden" (L. 12. Cod. h. t.) vgl. Rudorff in Better's Jahrb. V. 13.

"

2 Dies ist die sog. Socinische Cautel, cautela Socini, so genannt nach Marianus Socinus dem jüngern († 1556. in Siena), welcher die Zulässigkeit dieser Aushülfe in einem Gutachten ausführlich vertheidigt hat. Vgl. H. W. Koch über die Socinische Cautel. Gießen 1786. Glüd Th. 7. S. 86 fg. [Schröder §. 45.] Die Beschränkung kann auch darin bestehen, daß der Notherbe nicht Errichtung eines Inventars verlangen, widrigenfalls auf den Pflichttheil beschränkt sein solle. Arndts a. a. C. S. 136 (616) fg. Vgl. aber Unger §. 81. A. 5.

3) Schuß des Pflichttheilsrechts.

§. 596.

a) Gegen Verlekung durch den lehten Willen.

Wenn einem Pflichttheils berechtigten nicht der ganze Pflichttheil hinterlassen ist, ohne daß zugleich sein Anspruch auf Erbeinsehung verlegt ist (§. 598.), so hat er eine persönliche Klage auf Ergänzung des Pflichttheils, actio ad supplendam legitimam, suppletoria s. expletoria 1, gegen die Erben, beziehungsweise Miterben, auch gegen den Universalfideicommissar, nach Verhältniß ihrer Erbtheile gegen andere Notherben jedoch nur, insofern sie mehr als den Pflichttheil erhalten haben 2. Die Klage ist zu vergleichen der Klage aus dem ausdrücklich angeordneten

a

Nov. 18. cap. 3. d L. 32. Cod. cit. cf. L. 8. §.

§. 3. J. h. t. 2. 18. L. 30. pr. L. 36. pr... §. 1 b.

cap. 5. pr.

11. D. h. t.

(L. 36. pr.) Cod. h. t. 3. 28. Nov. 115.

Vermächtniß des Pflichttheils 3, geht auch gleich dieser auf die Erben über, wird nicht ausgeschlossen durch Anerkennung des Testaments oder Annahme des darin Hinterlassenen, wenn nicht eine deutlich erklärte Verzichtleistung auf das Fehlende hinzukommt, und verjährt erst in 30 Jahren. Als Miterbe kann der Pflichttheilsberechtigte seine Ergänzungsforderung auch im Erbtheilungsstreite geltend machen. Ist er allein zum Erben eingesezt oder doch wenigstens auf die dem Pflichttheil entsprechende Quote der Erbschaft, so bedarf er der Ergänzungsklage nicht (§. 595.).

Anm. 1 Die Klage wird auch wohl condictio ex lege 30. Cod. de inoff. test.. genannt. Vor diesem Gesetze Justinian's erzeugte jede Schmälerung des Pflichttheils, wenn nicht der Erblasser ausdrücklich die Ergänzung angeordnet hatte, die querela inofficiosi testamenti, welche Rescission des Testaments bewirkte. Nun aber sollte in solchem Fall die Regel gelten: omnimodo, etsi non adiiciatur: viri boni arbitratu repleri (debitam portionem)..., attamen ipso iure inesse eandem repletionem. L. 36. pr. Cod. h. t.

2 Gegen die Meinung, daß andere Notherben nur, sofern sie auf mehr als ihren Intestaterbtheil eingesetzt sind, zur Ergänzung beizutragen haben (z. B. France S. 334. arg. L. 19. D. h. t. 5. 2. [„quasi semis totus ad hanc pertineat“]), vgl. Arndts S. 140 (620).

3 Manche stellen mit Puchta §. 489. a. E. den Satz auf: „Dieselbe Klage, welche er (der Notherbe) wegen des ihm ausdrücklich Hinterlassenen hat, erstreckt sich auch auf diese gesetzliche Ergänzung", wornach also die sog. actio suppletoria nach Umständen bald die wahre Vermächtnißklage, bald auch hereditatis petitio sein könnte. Dieser Satz ist unhaltbar: Arndts a. a. O. S. 138 (618) fg.

4 Nicht in fünf Jahren, wie die querela inofficiosi testamenti. Nicht entgegen steht L. 34. Cod. h. t., in welcher der Sag: tunc etenim . . . competebat als Parenthese auszuscheiden ist. France S. 335 fg.

§. 597.

b) Gegen Verlehung durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden 1.

Der Erblasser soll auch bei Lebzeiten nicht durch übermäßige Freigebigkeit gegen Andere den künftigen Anspruch seines Notherben auf einen gewissen Theil seines Vermögens schmälern oder vereiteln. Diesem wird daher 1) querela inofficiosae donationis gegeben, zur Anfechtung einer pflichtwidrigen oder lieblosen weil übermäßigen Schenkung des Erblassers (inofficiosa, immodica donatio), d. i. einer Schenkung [unter Lebenden 2], die für sich allein oder in Zusammenrechnung 2 mit andern vorhergehenden Schenkungen so viel betrug, daß sie den Pflichttheil nach dem Vermögensstande vor den fraglichen Schenkungen nicht übrig ließ,

L. 34. Cod. eod. 4 L. 35. §. 2. eod.

a

a Cod. de inofficiosis donationibus. 3. 29. cf. L. 87. §. 3. D. de legat. II. 5. 6..8. Cod. h. t.

arg. L. 1. 3.

vorausgesezt, daß in Folge dessen der Notherbe beim Tode des Schenkers aus dessen Nachlaß, mit Inbegriff der ihm selbst gemachten Schenkungen, wirklich weniger erhält, als sein Pflichttheil ohne jene Minderung des Vermögens betragen würde; die Klage geht gegen den Beschenkten oder dessen Erben [nicht auch Dritte], auf Rescission der Schenkung und Zurückgabe ihres Gegenstandes, soweit es dessen zur Beseitigung der Pflichttheilsverlegung bedarfa 4 5. Sodann hat derselbe 2) querela inofficiosae dotis, wenn die Verlegung des Pflichttheils durch Bestellung einer Dos bewirkt worden, gegen den Mann oder nach Auflösung der Ehe gegen den Rückempfänger der Dos, übrigens unter gleicher Vorausseßung und zu gleichem Zweck, wie die erste Klage®.

Beide Klagen finden [gleichviel übrigens, ob der Schenker testatus oder intestatus stirbt ], gleich ihrem Vorbildes, der querela inofficiosi testamenti', nur dann statt, wenn es an einem andern Rechtsmittel zur Erreichung desselben Zweckes fehlt; sie verjähren in fünf Jahren, vom Tode des Erblassers an", gehen auf die Erben des Verleßten nur über, wenn dieser den Willen, sein Recht geltend zu machen, an den Tag gelegt hatte', und werden beseitigt durch Anerkennung von Seiten des Verlegten.

Anm. 1 Ueber obige beide Rechtsmittel und manchfaltige darauf bezügliche Streitfragen vgl. France S. 498 fg. [Schröder S. 498 fg.] Mühlenbruch Th. 36. S. 38. fg. Arndts im Rtsler. VIII. S. 162 (643) fg. Brinz Pand. 3. 851 fg. Keller §. 518. Windscheid §. 586. Unger §. 86. vgl. auch Fitting im civ. Arch. L. 4. (ein „Rechtsfall“). (Breidenbach z. L. v. d. Rescission pflichts widriger Schenkungen, im Arch. f. civil. Praris Bd. 27 und 28.] Stammler z. L. v. d. querela inofficiosae donationis, im prakt. Arch. n. F. VIII. S. 192 fg. [Costi de quer. inoff. donat. et dotis (Berlin 1858). W. Marcusen üb. d. Rescission pflichtw. Schenkungen (Bern 1880)].

2 [Nicht hierher gehören Schenkungen von Todeswegen; dieselben sind, soweit sie den Pflichttheil schmälern, einfach hinfällig, wie Vermächtnisse." Windscheid A. 1. Schröder S. 501 fg.] Auf onerose Veräußerungen findet die querela inofficiosae donationis Anwendung, wenn und insofern dieselben eine versteckte Schenkung enthalten. [Schröder S. 550 fg.] Ueber analoge Anwendung auf Pflichttheilsverletzung durch Erbvertrag oder Einkindschaft nach heutigem Recht vgl. Seuffert's Arch. IV. 135. 138. 243. V. 36. VII. 76. IX. 321. [Schröder S. 499 fg.]

[2* Vgl. Schröder §. 63: „Verlegung bei einer Mehrheit von Schenkungen“.] [3 Verkürzungs-Absicht, fraus, ist nicht erforderlich. Windscheid A. 10.; a. M. ist Schröder S. 515.]

e arg. Nov. 92. cap. 1. d arg. L. 2. 5. 7. 8. Cod. h. t. Nov. 92. cap. 1. pr. cf. L. 87. §. 3. D. cit. • L. un. Cod. de inofficiosis dotibus. 3. 20. f L. 1. 2. 4. 6. 9. Cod. h. t. 3. 29. 8 L. 4.

Cod. h. t. cf. L. 2. eod. fragm. Vat. §. 281. h L. 9. Cod. h. t. cf. L. 34. in f. Cod. de inoff. test. 3. 28. i L. 9. Cod. cit. cf. L. 6. §. 2. L. 7. 8. pr. D. de inoff. test. 5. 2. L. 34. 36. §. 2 h. (§. 2. i. f.) Cod. eod. 3. 28.

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[4 Aber auch nur soweit. Dies ist herrschende Ansicht (s. Windscheid A. 13.). Manche gehen weiter und verlangen bald gänzliche Rescission, bald bis zum Betrage der Intestatportion unter Berufung auf die Anal. d. quer. inoff. test. und auf L. 87. §. 3. D. de leg. II. So Zimmern, Hille, Breidenbach u. A. Gegen sie und für die herrschende Ansicht Schröder §. 64 und Marcusen. Letterer glaubt, L. 87. cit. sei nicht allgemein verbindlich gewesen. Die Meisten nehmen an (so auch Schröder S. 533.), L. 87. cit. enthalte älteres Recht.]

3 Nach L. 5. Cod. h. t. 3. 29. geben Viele auch dem Schenker selbst das Recht des Widerrufs einer übermäßigen Schenkung [feine querela, sondern eine condictio ex lege], falls ihm später noch rechtmäßige Kinder geboren werden. Vangerow §. 482. S. 280. Windscheid A. 15. Vgl. aber Arndts a. a. C. E. 163. (644). A. 377. und S. 169 (649). Unger §. 86. A. 7. vgl. A. 3. [6 Vgl. Schröder S. 547..550.]

[ L. 3. Cod. h. t. 3. 29. Marcusen S. 8.]
[8 Vgl. Marcusen S. 7 fg., aber auch S. 12.]

B. Anspruch auf Erbeinsekung.

§. 598.

1) Vorschrift der Erbeinsehung.

Die Hinterlassung des Pflichttheils allein genügt den Erbansprüchen der Kinder und Aeltern nicht; sie sollen auch, wenn der Erblasser ein Testament errichtet, zu Erben eingesezt sein, es wäre denn ihre Ausschließung durch Angabe eines geseßlichen, in Wahrheit beruhenden Enterbungsgrundes gerechtfertigt; widrigenfalls können sie gegen das Testament als gesegliche Erben auftreten. Indessen kann deren Erbeinseßung auch auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkt sein; nur darf sie nicht eine Erbeinseßung auf Nichts sein, daher auch nicht auf Etwas, das dem Eingesezten selbst gehört, mag dies auch vom Erblasser herrühren und sogar in den Pflichttheil einzurechnen sein, ausgenommen wenn dem Erblasser noch eine leztwillige Verfügung darüber zusteht. Auch eine bedingte Erbeinsehung, die es zur Todeszeit noch ist, ge= nügt nicht, ausgenommen, wenn die Bedingung eine reine Potestativbedingung ist. Ist aber der Notherbe als Vulgarsubstitut eingeseßt, so werden nur die vorhergehenden Grade der Erbeinseßung, in Ansehung deren jener nicht eingeseßt und nicht rechtmäßig enterbt ist, als der geseglichen Vorschrift nicht entsprechende Bestimmung über die Erbfolge beseitigt2.

Anm. 1 [Vgl. Maassen Civil. Erörtgn. S. 11 fg.]

2 Nach dem Recht des Coder und der Digesten hatten noch nicht alle pflichttheils berechtigten Kinder und Aeltern auch Anspruch auf Erbeinsetzung; sie hatten nur, wenn

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