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Der Pilgrim vor St. Just.

(1557)

Nacht ist's, und Stürme sausen für und für:
Hispanische Mönche, schließt mir auf die Thür!
Laßt hier mich ruh'n, bis Glockenton mich weckt,
Der zum Gebet euch in die Kirche schreckt!
Bereitet mir, was euer Haus vermag,
Ein Ordenskleid und einen Sarkophag!
Gönnt mir die kleine Zelle, weiht mich ein!
Mehr als die Hälfte dieser Welt war mein.
Das Haupt, das nun der Scheere sich bequemt,
Mit mancher Krone war's bediademt.

Die Schulter, die der Kutte nun sich bückt,
Hat kaiserlicher Hermelin geschmückt.

Nun bin ich vor dem Tod den Todten gleich,
Und fall' in Trümmer, wie das alte Reich.

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Wallenstein vor Stralsund.

(1629)

Im Schatten einer Eiche

Ist Friedlands Zelt erbaut;
Es schüttelt ihre Zweige
Die alte Riesin laut.

Umhüllt vom Purpurkleide,

Im Zelt der Herzog sißt;

Platen.

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Viel goldenes Geschmeide
An Hals und Brust ihm blizt.

Doch finster hat zur Erde
Sein Auge sich gewandt;
Die Rechte mit dem Schwerte
Durchgräbt des Bodens Sand,

Es sizet ihm zur Seite
Arnim, der Feldmarschall;
Deß Blick schweift in die Weite
Hin nach der Festung Wall.

Er spricht: Nun selbst erfahren
Habt Ihr der Bürger Muth!
Geschüßt sind vor Gefahren
Sie durch der Ostsee Flut!"

,,Könnt Ihr der Feinde Flotte
Nicht bohren in den Grund,
So steht zu ihrem Spotte

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Und morgen soll sie sinken!
Stoßt an, Herr Feldmarschall!"
Anstießen sie bedächtig;
Es klang so hell und rein,
Und bei dem Klange mächtig
Auflachte Wallenstein.

Doch oben durch die Eiche
Rauscht es wie Geisterton,
Als sprächen alle Zweige

Dem Schwur des Herzogs Hohn.

Und sieh! der Festung Wälle

Umzuckt' es, Bliz auf Bliz,
Und seine Eisenbälle
Entsandte das Geschüß.

Der Herzog an die Lippen
Sezt schon des Bechers Rand;
Doch eh er konnte nippen,
Entfuhr das Glas der Hand.
Des Weines Tropfen sprigten
Um Kinn und Bart und Mund,

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Des Bechers Scherben rizten
Die blaffe Wang' ihm wund.

Und der noch nie gezittert
In heißer Schlachten Glut,
Ein Glas, vom Schuß zersplittert,
Brach ihm den kecken Muth.

Mit fragender Geberde
Blickt ihn der Marschall an;

Der Herzog sah zur Erde,
Bis düster er begann:

Mit Menschen wollt' ich fechten
Und hoffte Ruhm und Sieg,
Doch mit des Schicksals Mächten
Führt Friedland nimmer Krieg!"

,,Abziehn wir von der Feste,
Sobald der Morgen graut!"
Da rauscht es durch die Aeste
Wie heller Jubellaut.

Noch steht die Herzogseiche.
Da sammelt jedes Jahr

Im Schatten ihrer Zweige

Sich froh der Bürger Schaar.

Fr. Günther.

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Fehrbellin.

(28. Juni 1675)

Herr Kurfürst Friedrich Wilhelm, der große Kriegesheld,

Seht, wie er auf dem Schimmel vor den Geschüßen hält!

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