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ren Geheimnis auf dem Gewissen. Die Schwierigkeiten werden auf die naivste Weise gelöst vermittels schriftlicher Bekenntnisse, die ganz zufällig einer der beteiligten Personen in die Hände fallen, alter Urkunden und ähnlicher beliebter 'Maschinen', mit denen auch unsere Bühnen- und Novellenschreiber ausgiebig gearbeitet haben.

Das hôtel, welches der marquis in Paris zu Eigentum besafs, und in welchem er noch kurze Zeit sich aufhält, nachdem es veräussert worden ist, ist kein 'vornehmes Haus' (S. 24), was ja hôtel oft bedeutet, sondern ein Mietshaus mit vielen Parteien, wie das Folgende (S. 36) zeigt. Die Stelle Ce n'est pas une honte et une indignité, ça, et ce n'est pas un drôle de gouvernement que ton gouvernement qui permet des choses pareilles! (S. 34) hätte wohl eine Übersetzung verdient, wenn anders das Büchlein auch zur Privatlektüre dienen soll; denn die Form für den Sinn der entrüsteten Frage: 'Ist das nicht eine Schande und eine nette Regierung?' ist ungewöhnlich. Auch auf den feinen Unterschied in den Wörtern Quand on est pauvre, il ne faut pas être fier, a dit l'honorable concierge, qui m'a paru en cette circonstance exprimer les sentiments d'un portier, wo wir letzteres am besten mit 'Hausknecht' wiedergeben, hätte aufmerksam gemacht werden können. Bei dem berlingot du père Hivart (S. 58) spricht der Herausgeber von 'dem Halbberliner, der nicht auf Federn geht' etc.; ist das Deutsch? Elle s'empresse de rentrer dans les limites d'une correction glaciale (S. 65) wird mit 'in die Grenzen einer eisigen Zucht' weniger zutreffend übertragen als 'mit einer eisigen Korrektheit'. Zu Et voyez-vous il faudra faire un de ces matins, je le sens bien, mon dernier sacrifice (S. 78) wird bemerkt 'das letzte Sakrament (die heilige Ölung)', sehr willkürlich; das letzte Opfer, das die alte Dame zu bringen hat, besteht darin, dafs sie auf ihren phantastischen Plan, einen Dom zu bauen, verzichten muss, wenn der Tod sie abruft. Von Druckfehlern ist mir aufgefallen: assurement statt assurément (S. 85); je me disposais a passer st. à (S. 94); aperçumes st. aperçûmes (S. 95); à demi voix st. demi-voix (S. 99).

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54. L'Abbé Constantin par Ludovic Halévy. Für den Schulgebrauch bearbeitet von Dr. Hans Nehry. 136 S. kl. 8. Geb. M. 1,20.

Eine etwas süfsliche Geschichte. Zwei ungeheuer reiche Amerikanerinnen, Schwestern, erwerben Schlofs und Grundbesitz in einer der Nordprovinzen Frankreichs und lernen bei dem braven Priester des Dorfes, wo sie Herrinnen geworden sind, dessen Pflegesohn, einen jungen Artillerieoffizier, kennen. Die jüngere Dame und der Offizier verlieben sich natürlich alsbald ineinander; er aber sieht in ihren Millionen ein unübersteigliches Hindernis und sucht dadurch zu entfliehen, dafs er um Versetzung einkommt. Die Miss hat ihn und sein edles Motiv schnell durchschaut und macht ihm deshalb in aller Form Liebeserklärung und Heiratsantrag, womit beiden geholfen ist. chirurgien-major (S. 44) ist Oberstabsarzt. G. Krueger.

Berlin.

Au Coin du Feu par Émile Souvestre. Erklärt von Dr. A. Güth. Dritte Auflage besorgt von Prof. Dr. G. Lücking, Direktor der III. Realschule zu Berlin. Erster Band. Berlin, Weidmannsche Buchhdlg., 1893. 116 S. 8. M. 1.

Souvestre wird in den deutschen Lehranstalten sowohl von Knaben wie Mädchen mit grofser Vorliebe gelesen, und so finden wir denn Schulausgaben seiner Schriften in reicher Fülle. Besonders ist dies mit den Au Coin du Feu betitelten kleinen lehrhaften, aber die Jugend fesselnden Geschichten der Fall; es liegen Auslesen in der Velhagen-Klasingschen, in der Göbelschen und in der Weidmannschen Sammlung vor. Unter diesen würde ich die von Güth-Lücking besorgte als die beste empfehlen. Mit den von Dingen und Einrichtungen gegebenen knappen Erläuterungen und geographischen Notizen kommt sie dem Verständnis der Schüler am rechten Ort zur Hilfe; nur möchte ich die zu reichlichen grammatischen Erörterungen verringert sehen; man merkt da den Grammatiker Lücking etwas zu stark.

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Die Note 7 zu der Stelle Sa voix est comme une crécelle toujours en mouvement (S. 13): 'wie eine Klapper, d. h. (nach Grimm) wie eine Mühlenklapper, eine Bedeutung, welche sich für crécelle in den Wörterbüchern allerdings nicht findet,' scheint mir bedenklich. Le buraliste renait d'inscrire leurs noms sur le registre, et y ajoutait la désignation sacramentelle: Avec deux malles etc. (S. 32); dies wird übersetzt mit 'abschliefsende Bezeichnung, die Schlufsbemerkung', aber irrtümlich. Les mots sacramentels sind eigentlich die Einsetzungsworte, die geheiligte Form, in der religiöse Bekenntnisse und Gebete abgefafst sind. Daraus entwickelt sich die jetzt ganz übliche Bedeutung von sacramentel, hergebracht, obligat, die wunderbarerweise weder im Hauptwörterbuch noch im Supplement von Sachs angegeben ist. Als Beispiel, das mir gerade zur Hand liegt, diene eine Stelle aus Sarcey, Le Siège de Paris, wo er eine Ballonauffahrt schildert: Un aide de camp entre tout essoufflé: 'Une dépêche du gouverneur! L'aéronaute la prend, la navette est fixée; on entend le sacramentel: Lâchez tout! Le ballon s'élance d'un bond, il penche sous l'effort du vent qui le courbe avec violence. le facteur S. 32 ist nicht Gepäckmeister', sondern 'Gepäckträger', was schon daraus ersichtlich wird, dafs der mit ihm erwähnte buraliste das Geschäft eines Gepäckmeisters verrichtet, indem er die Stücke zu wiegen hat. Gesucht scheint mir die Erklärung 10, S. 73. Der aus fernem Lande angereiste Seemann Bruno, den die Familie fälschlich für einen Goldonkel hält, teilt dieser vergnügt mit, dafs er aufser seinem Koffer mit alter Wäsche nichts besitze als riesigen Hunger und Durst. Deshalb möge man entschuldigen, wenn er zugreife. Seinem Affen ruft er dann zu: Houp, Rochambeau, salue les parents. Le singe fit trois gambades, puis alla s'asseoir un peu plus loin, en se grattant le museau. Dahinter ist doch nichts weiter zu suchen. Der Affe soll seine Reverenz machen, was geschieht. Lücking aber glaubt, das Ganze sei eine Anwendung der Redensarten: il paye en

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gambades, en monnaie de singe. 'Indem der Silberonkel aus Amerika im Begriff ist, bei den Verwandten ohne Umstände zuzulangen, läfst er mit dem unverfrorenen Humor eines Gauklers, der das Brückengeld nicht zahlen mag, seinen Affen tanzen.' Im Kreise seiner Angehörigen braucht man doch nicht das Gefühl zu haben, dass man für das Mittagbrot zu bezahlen oder im Falle des Unvermögens sie durch Possen zu entschädigen habe; und der ehrliche Matrose hat ein solches Gefühl am allerletzten. Und ebenso gelehrt wie unnötig ist die Erörterung, warum der Affe Rochambeau heifst; mit demselben Recht könnte man die feinen Beziehungen erforschen, die zwischen Cäsar, Nero u. s. w. und den grofsen Kötern, die ihre Namen tragen, bestehen. satané in der Bedeutung 'verteufelt' steht ganz gewöhnlich vor dem Hauptwort (S. 72, Anm. 9). S. 98, Anm. 14 lies soufre statt souffre.

Berlin.

G. Krueger.

L. Bahlsen und J. Hengesbach, Schulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften aus der neueren Zeit. Abteilung I: Französische Schriften. Berlin, Gærtner (Heyfelder), 1894.

1. Bändchen: Paris, ses organes, ses fonctions et sa vie dans la seconde moitié du XIXe siècle par Maxime Du Camp. Im Auszuge für den Schulgebrauch herausgegeben von Dr. Theodor Engwer, Oberlehrer. Mit einem Plan von Paris. VIII, 174 S. 8. Geb. M. 1,50. Wenn auch die Sprache Du Camps mustergültig ist, so kann ich die Wahl seines Buches als Schullektüre doch nicht für glücklich halten. Auch der hier vorliegende Auszug enthält zu viel Statistisches, was uns Lehrer wohl interessiert, aber für die Schüler doch zu wenig Anziehendes hat und als Bildungsstoff nur sehr geringen Wert besitzt.

Nach einer kurzen Einleitung wird über Paris und die Pariser geplaudert, dann allerlei von der Seine, ihrer Geschichte, ihrer Bedeutung, ihrem Wasser, ihren Brücken erzählt, die Stadtverwaltung, die städtische Zollverwaltung, die Münzen, die Markthallen besprochen; Wasserversorgung, Beleuchtung, Kirchhöfe, Elementar- und höherer Unterricht erörtert letzteres ein besonders wenig geeignetes Kapitel für Schüler. Bibliotheken, Zeitungswesen, Theater und Briefpost bilden den Schlufs. Den reichlichen Anmerkungen, welche noch viele nicht im Text enthaltenen Daten und Notizen vorbringen, folgt ein 'Anhang' in deutscher Sprache, der 'dem Schüler noch einmal im Zusammenhang vorführen soll, was er im Text und in den Anmerkungen zerstreut gefunden hat'.

2. Bändchen: Excursions et Voyages. Ausgewählt und mit Anmerkungen für den Schulgebrauch herausgegeben von Dr. K. Sachs, Professor am Realgymnasium zu Brandenburg a. H. VIII, 88 S. 8. Geb. 1 M.

Der Titel Excursions et Voyages pafst eigentlich nur auf das zweite der drei in dem Bändchen enthaltenen Stücke: La première ascension du

Kilimandjaro par H. Meyer, eine Übersetzung der von Dr. Hans Meyer selbst geschilderten und 1888 in den Mitteilungen des deutsch-österreichischen Alpenvereins abgedruckten ersten Kilimandscharo-Besteigung, welche Louis Derriey, ein Mitglied der Genfer Sektion des Schweizer Alpenklubs, im Écho des Alpes (1888) veröffentlichte. Die Schilderung besitzt das Interesse, welches derartige hervorragende Thaten besonders dann einflöfsen, wenn sie von den Unternehmern selbst erzählt sind, und wird nicht verfehlen, auch unsere Jugend lebhaft zu interessieren. Wie der Verfasser werden sie last not least die Genugthuung empfinden de penser que la plus haute montagne allemande ait été gravie par un Allemand. Das erste Stück des Bändchens ist eine geistreiche Plauderei von Dufayard: Comment on voyageait dans l'ancienne France, in welcher mit viel Witz und Untermischung hübscher Anekdoten eine grofse Reihe von Reisescenen aus dem vorigen und früheren Jahrhunderten erzählt wird, aber mit so vielen Anspielungen auf bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten, dass litterarisch nicht sehr bewanderte Leser, wie es doch unsere Jungen sind, trotz des guten Sachsschen Kommentars wohl schwerlich viel Geschmack daran finden werden. Die Erwähnung der Pots-dechambre genannten Kutschen würde ich in einem Schulbuch gern vermissen. Die Umwandlung von Bossuets tiefernstem Madame se meurt, Madame est morte in La diligence se meurt, la diligence est morte ist ein gar geschmackloser, wenn nicht frivoler Witz. Das dritte und letzte Stück des Bändchens La traversée de la Manche von J. Fleury (aus der Revue des deux Mondes) ist eine für Primaner (und Erwachsene) sehr interessante Abhandlung über die Tunnel- und die Überbrückungsfrage mit Bezug auf den Kanal, welche nacheinander in ihrer historischen Entwickelung sehr klar, wissenschaftlich und doch populär nach allen Seiten hin erörtert werden. Das überzeugend herbeigeführte Resultat ist: beide Projekte lohnen sich nicht; das Schiff bleibt der beste Vermittler des Verkehrs zwischen England und dem Kontinent. Die Anmerkungen des berühmten Lexikographen bedürfen keines besonderen Lobs. lassen den Leser nirgends im Stich, wo er sie nötig hat.

Sie

3. Bändchen: Journal d'un officier d'ordonnance par le Comte d'Hérisson. Im Auszug und mit Anmerkungen zum Schulgebrauch herausgegeben von Dr. J. Hengesbach, Oberlehrer. Mit einer Karte von Paris und Umgegend. 134 S. 8. Geb. M. 1,50.

Ein hervorragendes Werkchen, als Schullektüre ganz besonders geeignet für Prima, wie ich bereits aus Erfahrung konstatieren kann. Was dies den meisten Fachlehrern bereits von seinem Erscheinen her bekannte Buch so geeignet macht, ist, dafs wir es hier nicht mit höchst ungeeigneter Daudetscher Ironie und beifsender Satire der Landsleute zu thun haben, sondern mit einer ernsten Kritik, mit heiligem, gemessenem Zorn über die Schwächen seiner Landsleute. In sehr anziehender ungezwungener Weise berichtet d'Hérisson seine Erlebnisse als Adjutant Trochus im Jahre 1870/71. Er schreibt einen klassischen Stil, und, was das Buch

so sehr wertvoll macht: es ist ein echter, braver, fester Charakter, der aus dem Buche zu den Schülern spricht, und ein scharf beobachtender geistreicher Kopf.

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Der Auszug beginnt mit der Schilderung der Augusttage in Paris, stets Franzosen und Deutsche vergleichend in ihrem Betragen mit unbefangenem Blick zu Gunsten der Deutschen -, schildert den Patriotismus seiner Landsleute, verdammt mit gesundem Sinn die Francstireurs, die Unordnung, das Vive Trochu - Rufen und dergleichen von Seiten der Soldaten. Anschaulich kräftig durch Einfachheit der Erzählung wirkt die Schilderung des 4. September. Um so mehr wirken dann auch gelegentlich eingestreute Betrachtungen: On était joyeux, c'est positif. Joyeux! et le Prussien, sans obstacles devant lui, avait déjà repris sa marche en avant! Joyeux, et l'une de nos deux armées était prisonnière! Joyeux! et depuis des siècles, jamais nous n'avions subi pareille catastrophe militaire! Es ist gut, wenn sich die künftige Generation einprägt, was d'Hérisson in jenen Tagen von einem späteren Beamten sagen hörte: La disparition de l'Empire, vaut l'Alsace et la Lorraine. Es ist eine Freude zu lesen, wie scharf er das nach Sedan nicht mehr geeignete theatralische Wort Jules Favres kritisiert: Pas un pouce de notre territoire, pas une pierre de nos forteresses. Es ist auch eine Freude zu hören, mit welcher gerechtfertigten Erbitterung er als mots sinistres et bêtes die Worte Nous sommes trahis! verdammt, die wir ja nur allzu oft selbst in Frankreich hören mufsten. Unvergesslich sind solche Stellen wie die Nebeneinanderstellung Bismarcks und Jules Favres in ihrem Gegensatz von Objektivität und Subjektivität, die ‘alte stöhnende Ziege unter den Tatzen des Löwen', wie er sagt. Die folgenden Kapitel handeln von Le Bourget und dem Communeaufstand am 31. Oktober, von Wahlen und Verhandlungen, von den Lebensmitteln und den Proviantverhältnissen während des Fortgangs der Belagerung, von Villiers-Champigny, Buzenval und den Verhandlungen in Versailles alles interessant erzählt, unbefangen, in edlem Tone, mit herzerhebender Würdigung unserer guten Seiten und insbesondere unserer grofsen Männer, Bismarcks vor allem.

Die Anmerkungen sind reichhaltig und sachlich; sie lassen nicht im Stich, wenn man sie nötig hat. Der Druck und die Ausstattung aller Bändchen dieser neuen Sammlung ist hervorragend gut und überbietet andere Sammlungen durch Gröfse der Buchstaben und Weifse des Papiers.

4. Bändchen: Naturwissenschaftliche Abhandlungen (Traités d'Atmosphérologie) der Revue des deux mondes. Im Auszuge entnommen und für den Schulgebrauch erklärt von Dr. Fr. Kasten, Professor am Realgymnasium I, Dozent an der technischen Hochschule zu Hannover. VIII, 88 S. 8. Geb. M. 1.

Auch eine sehr dankenswerte Gabe, die der Herausgeber 'namentlich für die obere Klasse von Realschulen bestimmt und den Kollegen widmet, welche Anregung in naturwissenschaftlicher Hinsicht nicht für unvereinbar halten mit sprachlichen Studien, und welche so die Arbeit der Schule

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