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Der zweite Band enthält fünf Erzählungen. Die erste von ihnen, The Crooked Man, zeigt insofern Ähnlichkeit mit The "Gloria Scott" im ersten Bande, als es sich auch hier um einen Tod durch einen Schlagflufs handelt, da einem Mann in ehrenvoller Stellung Schande infolge eines Verbrechens seiner Jugend droht. Der damalige Sergeant und spätere Oberst James Barclay hat, ein zweiter Urias, einen gefährlichen Nebenbuhler um die Gunst seiner nachmaligen Frau durch Verrat an die Feinde, die ihn durch Martern zum Krüppel machten, aus dem Wege geschafft. In The Resident Patient nehmen an einem Verräter, der von seinen vier Genossen bei der Beraubung einer Bank einen an den Galgen, die übrigen ins Zuchthaus gebracht, die letzteren nach Abbüfsung ihrer Strafe Rache, indem sie ihn hängen. In The Greek Interpreter wird ein nur seine Muttersprache verstehender Grieche von Schurken in England gepeinigt, damit er sein und seiner Schwester Vermögen einem von ihnen überlasse, der diese Schwester entführt hat, und, da die Polizei hiervon erfährt, durch Kohlendunst umgebracht. Die Schurken kommen bald darauf um, nach Holmes' Überzeugung durch die Rache der Schwester. — In The Naval Treaty wird einem Beamten des Londoner Auswärtigen Amtes der geheime Vertrag zwischen England und Italien, den jener zur Anfertigung einer Abschrift erhalten, auf geheimnisvolle Weise gestohlen. Holmes jagt ihn dem Dieb, dem Schwager des Bestohlenen, wieder ab. Die letzte Erzählung ist betitelt The Final Problem. Holmes findet in einem Schweizer Wasserfall sein Ende zugleich mit dem früheren Professor Moriarty, dem langjährigen Leiter einer Londoner Verbrecherbande, die nun auf Grund des von Holmes zusammengebrachten Materials dem Arm der Gerechtigkeit verfällt.

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So wäre denn der grofse Detektive glücklich tot, aber, dafs damit auch seine Abenteuer abgeschlossen seien, brauchen deren Bewunderer um so weniger zu befürchten, als sich z. B. The Adventure of the Cardboard Box (Archiv XC, 441) noch in keiner der zwei Sammlungen findet, also der Verfasser wohl eine Fortsetzung beabsichtigt.

J. Z.

A Protégée of Jack Hamlin's, etc. By Bret Harte. Leipzig, Bernhard Tauchnitz, 1894 (Collection of Brit. Authors, Vol. 2974). 262 S. kl. 8. M. 1,60.

Dieses neue Buch Bret Hartes (vgl. Archiv XCI, 312) umfasst sechs Erzählungen. A Protégée of Jack Hamlin's erzählt, wie der berüchtigte Spieler und Don Juan ein junges Mädchen am Selbstmord hindert, in die Schule schickt und ihm dazu verhilft, als Malerin etwas zu verdienen, bis es sich herausstellt, dafs sein Schützling die Schwester seiner letzten, ihm bald langweilig gewordenen Flamme ist, worauf er es geraten findet zu verschwinden. Nach meiner Ansicht ist dies das beste Stück der Sammlung: die übrigen (An Ingénue of the Sierras, The Reformation of James Reddy, The Heir of the Mc Hulishes, An Episode of West Woodlands und The Mystery of the Hacienda) sind Mittelgut. Auffallend ist die Ver

wechselung von underlie und underlay, die der Verfasser S. 109 selbst sich gestattet, nicht etwa einer ungebildeten Person in den Mund legt: But he had become accustomed to her ways; rather, perhaps, he had began to recognise the quaint justice that underlaid them. Prototype S. 142 im Sinne von 'Abbild' ist selbst unter Hinzufügung von if you'll allow me to call him so nicht zu rechtfertigen. J. Z.

A Ward in Chancery. By Mrs. Alexander. Leipzig, Bernhard Tauchnitz, 1894 (Collection of British Authors, Vol. 2977). 328 S. kl. 8. M. 1,60.

Dieser neue Roman der Verfasserin (vgl. über sie zuletzt Archiv XCI, 418) zeigt inhaltlich einige Ähnlichkeit mit ihrem The Snare of the Fowler (s. Archiv XC, 90 f.). In beiden Werken ist die Heldin eine reiche Erbin, um deren Gunst sich ein Verwandter vergeblich bemüht, während ihr Herz einem Freunde ihres verstorbenen Vaters gehört. Der Titel scheint mir nicht glücklich gewählt; denn, dass die Heldin Andrée Nugent a ward in Chancery ist, bleibt ohne jeden Einfluss auf die Entwickelung der Handlung. Während die Heldin des älteren Romans auf einen Teil ihrer Erbschaft freiwillig verzichtet, verliert Andrée die ihrige vollständig infolge des Zusammenbruchs einer Bank. Erst ihr Unglück giebt dem von ihr längst geliebten Journalisten John Thurston den Mut, ihr seine Liebe zu gestehen. Das Buch ist voll von gut gezeichneten Figuren und ist nach meinem Urteil das beste unter den Werken der Verfasserin, die ich gelesen habe. J. Z. Saint Ann's. By W. E. Norris. Leipzig, Bernhard Tauchnitz,

1894 (Coll. of Brit. Authors, Vol. 2978). 295 S. kl. 8. M. 1,60. Arthur Foley, der Sohn und Erbe des Besitzers von St. Ann's an der Südwestküste Englands, liebt die vortreffliche Rhoda Meynell, die zwar seine Liebe erwidert, aber, dem Willen ihres weit älteren Stiefbruders, eines philanthropisch-frommen Obersten a. D., sich fügend, seine Werbung ablehnt. Im Ärger darüber geht er seiner schönen, aber grundsatzlosen Verwandten Lola Hamersley, die eine südamerikanische Mutter gehabt hat, ins Garn. Lolas Absicht ist es ursprünglich nur gewesen, Arthur dafür zu strafen, dafs er sich geprahlt hat, es werde ihr nie gelingen, ihm den Kopf zu verdrehen: aber sie liebt ihn schliefslich wirklich, soweit ihr das überhaupt möglich ist, bricht daher mit Lord Braunton, mit dem sie ihr Vater gern verheiratet sähe, und will Arthurs Frau werden, der auch, obwohl sie vorher seinen Antrag höhnisch zurückgewiesen, sich ihr gegenüber gebunden hält. Ihr Vater ist aber damit so wenig einverstanden, dafs er, da seine Vorstellungen bei Arthur erfolglos sind, diesen in den Pyrenäen in einen Abgrund zu stürzen versucht: aber beim Ringen der beiden entlädt sich Arthurs Gewehr zufällig, und sein Gegner erhält einen Schufs durch die Lunge. Nichtsdestoweniger würde er mit dem Leben davonkommen, wenn er nicht in der Wut über seine Machtlosigkeit dem Willen seiner Tochter gegenüber den Verband von seiner Wunde weg

risse. Dennoch wird aus Lola und Arthur kein Paar, da ihr Interesse an ihm, der immer noch Rhoda liebt und Lola wegen ihrer Herzlosigkeit verachtet, bald verfliegt und sie ihm einen amerikanischen Millionär vorzieht. Inzwischen hat Rhoda aus Liebe zu Arthur auf die Ehre verzichtet, Lady Braunton zu werden, und so willigt denn ihr Bruder endlich ein, dass Arthur, wenn er eine zweijährige Probezeit bestehe, ihr Gatte werden solle. Mir scheint diese neue Erzählung über der zuletzt hier (Archiv LXXXVII, 316 f.) besprochenen, Misadventure, zu stehen, wenn mir auch nicht alle Charaktere ganz lebenswahr vorkommen. J. Z.

The Red House Mystery. A Novel. By Mrs. Hungerford. Leipzig, Bernhard Tauchnitz, 1894 (Collection of Brit. Authors, Vol. 2979). 279 S. kl. 8. M. 1,60.

Diese neue Erzählung der Verfasserin (vgl. über sie zuletzt Archiv XCII, 204) bringt zwei junge Damen glücklich unter die Haube. Die Heldin ist die schöne, aber arme Aristokratin Agatha Nesbitt, die dem reichen Arzt Dr. Darkham, den ihre Tante Mrs. Greatorex anfangs aufs nachdrücklichste begünstigt, seinen jungen und bisher armen Kollegen Dr. Dillwyn vorzieht, der denn schliefslich auch Gnade vor den Augen der Tante findet, da er unerwartet eine gute Erbschaft macht. Neben Agatha spielt nur eine Nebenrolle die reiche Plebeierin Elfrida Firs-Robinson: sie verlobt sich mit dem verschuldeten Lord Ambert, dem es nur um ihr Geld zu thun ist, löst aber die Verlobung wieder, da sie zufällig Zeugin seiner Brutalität und Feigheit wird, und erhört jetzt den armen Curate Tom Blount (einem armen Mann dieses Namens hat die Verfasserin auch schon in Miss Saville of Thorby Hall eine reiche Erbin zur Frau gegeben: vgl. Archiv XCI, 444). Nach meiner Ansicht wäre die Erzählung weit wirksamer, wenn der Charakter Dr. Darkhams nicht so schwarz gezeichnet und sein unheimlicher taubstummer und blödsinniger Sohn nicht vorhanden wäre. Dr. Darkham liebt nämlich Agatha schon, ehe er Witwer ist, und, da seine Frau einen unglücklichen Fall thut, der sie bewufstlos macht, hilft er nach. Sein unglücklicher Sohn rächt den Mord, indem er unter seinem Vater die Leiter wegzieht, auf der dieser in das Schlafzimmer seines Nebenbuhlers Dr. Dillwyn steigt, um ihn aus dem Wege zu räumen. Dafs die Verfasserin manches erzählt, was ihr nur durch direkte Mitteilung der Muse bekannt geworden sein könnte, sei nur nebenbei erwähnt. Zu loben ist aber, dafs diesmal das Präteritum dem Präsens gegenüber nicht zu kurz kommt. J. Z. Friedrich Diez. Sein Leben und Wirken. Festrede gehalten zur Feier des hundertsten Geburtstages am 3. März 1894 von Hermann Breymann. Leipzig, A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung Nachf. (G. Böhme), 1894. IX, 54 S. kl. 8. M. 0,90. Am 3. März dieses Jahres, der fast ein Säkulum verrauscht sah, seit Friedrich Christian Diez, der Begründer der romanischen Philologie, geArchiv f. n. Sprachen. XCII.

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boren ward (15. März 1794), genau siebentehalb Jahrzehnt seit seinem Eintritt in das ordentliche akademische Lehramt, durfte die Universität München, wo einer der wenigen lebenden Schüler des genialen Gelehrten seine Disciplin vertritt und ein blühender 'neuphilologischer Verein', der älteste seines Schlages, Jünger seines Geistes heranzuziehen sucht, im Reigen der Gedenkfeiern nicht fehlen. Und so ward von dieser studentischen Körperschaft aus ein glänzendes Fest veranstaltet (vgl. S. V—IX), und jener einstige Zögling des unmittelbaren Diezschen Wortes, Professor Dr. Hermann Breymann, füllte die Hauptnummer des reichhaltigen Programms mit einem Vortrage aus, der, aus genauester Kenntnis des Menschen Diez und seines einschneidenden Wirkens geschöpft, die grofse Zuhörerschaft, wie ich als Augenzeuge bestätige, trotz der Ausführlichkeit ungemein fesselte. Wer war aber auch eigentlich mehr berufen, bei diesem Akte das Verhältnis der heutigen Wissenschaft zu ihrem Urheber darzulegen, als eben der Mann, den Pietät wie Dankbarkeit, sowie das Bewusstsein, nur mit wenigen anderen noch von des hochverehrten Lehrers unmittelbarem Einflusse melden zu können (s. S. 3 und S. 12, Anm. 2), seit dessen Hinscheiden nicht nur zu einem getreuen Herold und Dolmetsch seiner Dogmen, sondern auch zum Schilderer seiner Persönlichkeit und Wesenheit, sowie zum sorgfältigen Sammler seiner verstreuten und darob verschollenen Kleinigkeiten gemacht haben?1 Bereits 1878 hat Breymann eine Lebensskizze und Charakteristik veröffentlicht, die erste, die dem toten Führer nach jeder Seite gerecht zu werden versuchte: 'Friedrich Diez, sein Leben, seine Werke und deren Bedeutung für die Wissenschaft'; 1880 lieferte er in der Zeitschrift für romanische Philologie' IV, 266-277 den eingehenden und einleuchtenden Beweis, dafs wir es in Diezens altspanischen Romanzensammlungen von 1818 und 1821 mit zwei verschiedenen Werken zu thun haben (vgl. S. 23 f.); schliesslich ward er 1883 für 'Fr. Diez' kleinere Arbeiten und Recensionen' der Retter aus Vergessenheit und drohendem Untergang (vgl. S. 38).

Wenn Breymann, somit ein gründlicher Kenner der freilich so einfachen Schicksale und der Leistungen Diezens, jetzt nochmals einen biographisch-kritischen Abrifs vorlegt, so begründete dies wohl nicht blofs jener äufsere Anlafs, der so viele Hochschulen des In- und Auslandes (vgl. S. 1, Anm.) zur Kundgabe ihrer Verehrung anregte. Vielmehr war

1 Noch nicht bekannt sein konnten Breymann bei der Korrektur Toblers Abdruck des Briefwechsels zwischen Moriz Haupt und Diez in den 'Sitzungsberichten der Kgl. Preufs. Akademie der Wissenschaften', 1894, Heft VII, und ebendesselben 'Diez-Reliquien' im Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen XCII, S. 129-144. Letztere umfassen neun vorzügliche Verdeutschungen aus dem Spanischen, Provenzalischen und Italienischen, darunter S. 140 f. eine auch von Breymann (s. unten) S. 44 veröffentlichte des Gedichtes Ar agues ieu mil marcx de fin argen von Pistoleta.

2 Die 62. Beilage zur Allgem. Ztg. vom 15. März, S. 6-8, druckt die in Bonn eingelaufenen Glückwunschschreiben ab und enthält aufserdem Wendelin Försters, des Nachfolgers auf Diezens Lehrstuhl, gediegene Festrede (beides bei Breymann nachgetragen: S. 1, Anm., bez. S. 4, Anm. 7). Die Universitätsfeier

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er auch im stande, teils auf dem Unterbau jüngerer gedruckter Mitteilungen (S. 4), teils nach mündlichen Angaben von Personen des Diezschen Kreises (S. 4 f.), der Schwester von Diez' zeitweiliger Braut und des am 1. Mai 1893 verstorbenen ausgezeichneten Alexander Kaufmann (vgl. S. 9, Anm. 3, S. 11, S. 15)1 — das Bild in manchen Einzelheiten getreuer und bestimmter nachzuzeichnen. Daher erhalten wir nicht nur ein höchst ansprechendes und von grofser Wärme durchdrungenes Büchlein, sondern auch eine von A bis Z authentische Schilderung. Dafür müssen wir Breymann wahrhaft erkenntlich sein, ihm, der seine Dankesschuld gegen Diez (S. 3, S. 11 f.) schon so schön abgetragen hatte. Hingewiesen sei auch auf die von Breymann in dem 1847 zu Bonn erschienenen 'Rheinischen Liederkranz' aufgefundenen (vgl. S. 28) poetischen Beiträge von Diez und N. Delius, die der Appendix S. 44-54 abdruckt; von ersterem eine spanische Romanze und eine Übertragung aus dem Provenzalischen, 'Wunsch' betitelt. Diezens Teilnahme an diesem menschenfreundlichen Werke der Ertrag des von zwei Bonner Arzten hervorgerufenen Unternehmens kam den Armen zu gute - scheint mir als symptomatisch gelten zu dürfen. Die Sache hing wohl mit dem Zusammentritt eines Komitees für einen Hospitalbau zusammen, wie, glaube ich, aus A. Strodtmann, Gottfried Kinkel, Wahrheit ohne Dichtung II (1851), S. 48 f., geschlossen werden darf. Da Breymann (S. 26, Anm. 2) meines Abdrucks von Uhlands Dankesbrief an Diez im Archiv LXXX, 81 f. gedenkt, so mag auf meine ebenda S. 55 f. und 94, sowie in meiner Uhland-Ausgabe I, S. 503, endlich in P. Eichholtz' 'Quellenstudien zu Uhlands Balladen' S. 43-53 dargebotenen Feststellungen über beider Männer deren romanistisches Ersteingreifen Scherer, Gesch. d. dtsch. Litt. S. 639, nebeneinanderhält Verhältnis und besonders über den Quellenbezug Uhlands für 'Bertran de Born' aus Diezens 'Poesie der Troubadours' hingedeutet sein; Breymann erinnert S. 27 f. im Vorbeigehen daran. Zu der Breymann ebenda mit vollem Recht verwundernden Thatsache, dafs die modernen Bearbeiter provenzalischer Dichtstoffe 'sich einen der originellsten Troubadours, den geistvollen, aber bis zum Übermals excentrischen Peire Vidal merkwürdigerweise entgehen lassen', führe ich die innerliche Verwandtschaft dieses Themas mit dem vom Châtelain de Coucy an.3 - In gehobener Stimmung scheiden wir von Breymanns, auch in äusserst gefälligem Gewande herantretender Schrift, die übrigens nicht nur mittelbar, sondern auch

in der Geburtsstadt Giefsen fand am 5. Mai statt; Prof. D. Behrens hielt die Festrede und dann teilte der Rektor Pasch die Stiftung eines Diez-Preises von 300 Mark mit. Für Bonn vgl. auch Neuphilolog. Blätter I, S. 60–62.

1 Vgl. die Nekrologe von H. Hüffer, Kölnische Zeitung vom 14. Mai (Nr. 398) und von mir, Gegenwart vom 9. September (XLIV, Nr. 36).

2 Direkt zum Kinkelschen Kreise gehörte Diez nicht; Johanna Kinkels 'Erinnerungsblätter' (Deutsche Revue XIX, 1894) nennen ihn (s. bes. S. 85 f.) nicht. 3 Archiv LXXX, 71 verwies ich auf Schopfs Dissertation über Peire Vidal (1887).

4 S. 13, Z. 8 lies bescheidenen, S. 23, Z. 13 Welcker, S. 23, Anm. 2 1879.

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